Laut dem persönlichen Berater von Joseph Blatter (Foto) fordert die Ethikkommission eine 90-tägige Freistellung des Fußball-Weltverbandspräsidenten Foto: AP

Seit Montag tagen die Fifa-Ethiker in Zürich. Nach Angaben des persönlichen Beraters von Joseph Blatter fordern sie eine 90-tägige Freistellung des Fußball-Weltverbandspräsidenten.

Zürich - Das Schicksal von Joseph Blatter als Fifa-Präsident könnte bereits in Kürze besiegelt sein - und auch für Michel Platini steht das Urteil bevor. Noch bis Freitag tagen die Fifa-Ethikhüter in Zürich hinter verschlossenen Türen und werden dabei auch über Noch-Fifa-Boss Blatter und den ins Zwielicht geratenen Uefa-Chef Platini befinden. Das geht aus einer Erklärung des Kommissionsmitglieds Abdoulaye Makhtar Diop hervor, die am Mittwoch in der senegalesischen Hauptstadt Dakar veröffentlicht wurde.

Die Ethikkommission fordert nach Angaben des persönlichen Beraters von Joseph Blatter eine 90-tägige Freistellung des Fußball-Weltverbandspräsidenten. Ein Entscheid der rechtsprechenden Kammer stehe allerdings noch aus, Blatter wolle am Donnerstag im Büro erscheinen, sagte Klaus J. Stöhlker der Deutschen Presse-Agentur.

Kammer mit deutschem Richter muss entscheiden

Über derartige Anträge muss die rechtsprechende Kammer unter dem Vorsitz des deutschen Richters Hans-Joachim Eckert befinden. Die Ethikkammer dürfe satzungsgemäß keine konkret laufenden Verfahren kommentieren, betonte Marc Tenbücken, Sprecher der rechtsprechenden Kammer auf Anfrage. „Die Ethikkommission führt ihre Verfahren immer sorgfältig, unabhängig und ohne Ansehen der Person oder ihrer Funktion durch“, erklärte er allgemein.

Gegen Blatter hatte die Schweizer Bundesanwaltschaft ein Strafverfahren unter anderem wegen des Verdachts der „ungetreuen Geschäftsbesorgung“ eingeleitet. Sollte der 79 Jahre alte Schweizer suspendiert werden, dürfte er keine fußballbezogene Aktivität mehr ausüben - sein ebenfalls skandalumwitterter Vize Issa Hayatou aus Kamerun würde satzungsgemäß vorerst das Amt übernehmen.

Auch Platini in Erklärungsnot

Auch Platini droht Ärger. Im Korruptionsskandal um den Fußball-Weltverband war der Franzose von den Schweizer Behörden als Auskunftsperson vernommen worden. Der Chef der Europäischen Fußball-Union muss nun den Fifa-Ethikern erklären, warum er für Dienste zwischen Januar 1999 und Juni 2002 erst knapp neun Jahre später von Blatter bezahlt wurde. 2011 unterstützten die Uefa-Verbände unter der Führung von Platini den Schweizer im Wahlkampf gegen den Katarer Mohamed bin Hammam. Platini verteidigte die empfangene Zahlung mehrfach öffentlich. Bei einer Suspendierung wären seine Ambitionen auf das Fifa-Amt hinfällig.

Der frühere senegalesische Sportminister Diop betonte zudem, dass das Ethik-Gremium auch den Fall von Chung Mong Joon prüfen will. Der Südkoreaner strebt wie Platini beim Wahl-Kongress am 26. Februar die Nachfolge des scheidenden Fifa-Präsidenten Blatter an.

Blatter bleibt bei seiner Linie

Chung selbst rechnet mit einer langen Sperre durch die Ethikkommission und würde damit aus dem Rennen um Blatters Nachfolge ausscheiden. Ihm werden Verstöße im Zusammenhang mit Südkoreas gescheiterter Bewerbung für die WM 2022 vorgeworfen. Er war bis 2011 auch Mitglied im Fifa-Exekutivkomitee.

Er wolle „Herrn Blatter wegen Veruntreuung vor Gericht verklagen“, sagte der Südkoreaner am Mittwoch in London. „Die Fifa hat sich zu einer korrupten Organisation entwickelt, die den Interessen von einigen wenigen dient“, kritisierte er und bezeichnete Blatter als „Heuchler und Lügner“.

Der Fifa-Boss selbst ist sich auch weiterhin keiner Schuld bewusst und verteidigte sich mit der gewohnten Strategie. „Die Lage ist nicht erfreulich. Man verurteilt mich vor, ohne Beweise für irgendein Fehlverhalten meinerseits. Eigentlich ist das ungeheuerlich“, sagte er in der am Donnerstag erscheinenden Ausgabe der Zeitschrift „Bunte“. Er wolle bis zum außerordentlichen Kongress im Amt bleiben, betonte Blatter. „Ich versichere Ihnen, dass ich am 26. Februar 2016 aufhören werde. Dann ist definitiv Schluss. Aber keinen Tag früher“, sagte er. Bis dahin werde er kämpfen: „Für mich. Für die Fifa.“

Bundesinnenminister Thomas de Maizière forderte schnelle Konsequenzen aus den Vorgängen bei der Fifa. „Als Politiker bin ich zurückhaltend, mich zu Interna bei internationalen Verbänden zu äußern. Hier ist aber ein Zustand erreicht, wo nicht mehr die Zeit da ist, bis Februar zu warten“, sagte de Maizière der Deutschen Presse-Agentur. Die Not sei so groß, dass „jetzt hoffentlich entschlossen“ Reformen geschehen. Der CDU-Politiker sieht dringenden Handlungsbedarf. „Die Strukturen waren für mich seit längerem ein Problem“, sagte de Maizière. Nur diese Strukturen hätten Blatter im Amt gehalten.