Fifa-Chefaufseher Domenico Scala findet deutliche Worte in Richtung Joseph Blatter. Foto: dpa

Fifa-Chefaufseher Domenico Scala nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um die Millionen-Zahlung von Weltverbands-Präsident Joseph Blatter an den ebenfalls gesperrten Michel Platini geht.

Zürich - Chefaufseher Domenico Scala kritisiert als erster Fifa-Insider offen den gesperrten Präsidenten Joseph Blatter und sieht kriminelle Energie in der Zahlung an Uefa-Chef Michel Platini. Dass der Betrag von der vermeintlichen Verabredung 2002 bis zur Auszahlung neun Jahre später nie in den Büchern des Fußball-Weltverbands aufgetaucht sei, „ist eine schwere Unterlassung. Beide waren Mitglieder der Fifa-Exekutive und haben wissentlich jedes Jahr Finanzberichte bestätigt, die um zwei Millionen Schweizer Franken falsch waren“, sagte Scala der „Financial Times“ (Mittwoch). „Das könnte als Bilanzfälschung angesehen werden.“

Es handele sich um „einen klassischen Interessenkonflikt“, führte der Vorsitzende der Audit- und Compliance-Kommission im Interview der Nachrichtenagentur AP weiter aus. Es sei die Pflicht von Blatter und Platini gewesen, das Exekutivkomitee über die Vereinbarung ohne schriftlichen Vertrag zu informieren.

Die Fifa-Ethikkommission hatte die beiden Top-Funktionäre jeweils vorläufig für 90 Tage gesperrt, ihnen droht ein langfristiger Bann. Das Gremium bestätigte am Mittwoch, dass die Untersuchungen Platini und auch Blatter weitergingen.

Platinis Anwalt weist Bilanzfälschung zurück

Platini betonte bislang stets, dass ihm das Geld rechtmäßig zustehe, sein Anwalt wies den Vorwurf der Bilanzfälschung umgehend zurück. „Es ist ohne Zweifel, dass es nicht Michel Platini zukam, sich persönlich von der Erfassung seiner Forderung in den Büchern der Fifa zu überzeugen“, sagte Thibaud d’Alès der französischen Nachrichtenagentur AFP. „Michel Platini war niemals Mitglied der Finanzkommission oder der Prüfungskommission, die als einzige damit beauftragt sind, sich der Konformität und Verlässlichkeit der Bücher zu vergewissern.“

Das Exekutivkomitee hatte dem Franzosen tags zuvor ein Hintertürchen geöffnet, um doch noch bei der Fifa-Präsidentschaftswahl antreten zu können. Zwar findet die Kür eines Blatter-Nachfolgers weiterhin am 26. Februar 2016 statt, damit endet auch die Bewerbungsfrist am 26. Oktober. Bei gesperrten Funktionären soll aber die obligatische Prüfung der Rechtschaffenheit ausgesetzt werden.

Scala plädiert für rotierende Präsidentschaft

Um die skandalträchtige Fifa zu reformieren, spricht sich Scala für eine rotierende Präsidentschaft nach Vorbild der Europäischen Union aus. Jede der sechs Konföderationen könnte nacheinander einen Chef für jeweils vier Jahre nominieren, schlug der Italo-Schweizer vor.

„Das würde die Macht eines einzelnen Präsidenten verringern“, erläuterte Scala seine Idee. „Jedes System, das die Macht von Einzelnen verringert und gegenseitige Kontrolle schafft, reduziert das Risiko von Missbrauch. Es würde helfen, das Netzwerk der alten Jungs zu eliminieren.“

Als positives Beispiel nannte er die EU - die Ratspräsidentschaft wechselt alle sechs Monate zwischen den Mitgliedsländern. Das neu geschaffene Reformkomitee unter Vorsitz von François Carrard hatte lediglich vorgeschlagen, die Amtszeit eines Fifa-Präsidenten auf zwölf Jahre zu beschränken. Auch Scala hatte zuletzt Vorschläge zur Reform präsentiert.

Er drängte erneut auf eine Trennung des bisherigen Exekutivkomitees in zwei Kammern: einen Vorstand und eine Art Aufsichtsrat. „Weil Fifa-Offizielle heutzutage zwei oder drei Verantwortlichkeiten haben, gibt es unvermeidlich Interessenskonflikte“, sagte Scala.