Seydo Hazar stimmt auf der internationalen Weihnachtsfeier des Arbeitskreises Asyl kurdische Lieder an Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der Arbeitskreis Asyl hat in der Stuttgarter Martinskirche seine internationale Weihnachtsfeier begangen. Herkunft, Religion und Muttersprache spielen dabei keine Rolle.

Stuttgart - Fußschellen klingeln, nackte Füße stampfen im Takt. Tamilische Tänzerinnen bringen mit anmutigen Gesten die Sonne Sri Lankas in den verregneten Stuttgarter Norden. Unter dem mächtigen Kruzifix der Martinskirche gruppieren sich die Frauen zu einem stilisierten Shiva.

Muttersprache, Herkunft und Religion spielen bei der internationalen Weihnachtsfeier des AK Asyl am Samstag keine Rolle. Das Transparent mit der Aufschrift „Willkommen bei uns“ gilt für jeden. Diesmal hängt es nicht im Gemeindehaus, wo das Fest seit 1987 alljährlich stattfindet, sondern von der Empore des Gotteshauses. „Ich weiß auch nicht, was vorgefallen ist“, wundert sich Asylpfarrer Werner Baumgarten. „Wir haben erst am Montag erfahren, dass wir umziehen müssen.“

Seinem Anliegen kommt der Sakralbau, der im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, entgegen: Die Kirche ist tatsächlich ein Ort der Begegnung. „Ich verstehe unsere Feier als Gegenprogramm zu den Parolen, die derzeit auf die Straßen getragen werden, und zu den Ressentiments, die in Feuerbach auf Toilettenpapier gekritzelt und über den Bauzaun gehängt werden“, sagt Baumgarten. Die Idee der Weihnachtsfeier mit Kulturprogramm sei aus dem Gedanken heraus entstanden, dass Asylbewerber nicht nur ihr Anliegen mitbrächten, sondern auch Begabungen.

Mohammad Reza Golemohammad war im Iran inhaftiert. Als Schauspiel-Student wurde er auf einer Demonstration festgenommen. Schwierigkeiten mit dem Staat hatte er schon vorher: Trotz Tanzverbots hatte er heimlich Tanzstunden gegeben. Der Stammgast bei Weihnachten International zeigt mit seinen Partnerinnen eine persisch-griechische Choreografie. Später legt er einen Tango Argentino aufs Parkett. „Ich fühle mich hier zu Hause“, sagt Golemohammad, der inzwischen einen deutschen Pass hat.

Ob er in einer Kirche oder einer Moschee tanze, mache für ihn keinen Unterschied: „Das Wichtigste sind die Menschen, die zusehen und verstehen, worum es geht.“ „Weltfrieden gibt es nur durch das Nadelöhr Religionsfrieden“ betont Werner Baumgarten. Wenn Seydo Hazar vor dem Gekreuzigten sitzt und zur Saz kurdische Lieder singt, ist das zumindest ein Zeichen der Hoffnung, dass die Vernunft am Ende doch stärker sein kann als Vorurteile und Fanatismus.