Diane Kruger als autistische Polizistin in der US-Serie „The Bridge“ Foto: StN

Deutsche Schauspieler wie Franka Potente, Tom Wlaschiha oder Diane Kruger drücken amerikanischen TV-Serien ihren Stempel auf – und das nicht ohne Grund.

Berlin - Sie spielen ausgebuffte Technikexperten, autistische Ermittlerinnen, verführerische Kurtisanen oder auch mal eine waschechte Mafiabraut: Deutsche Schauspieler sind in amerikanischen Fernsehserien schwer im Kommen – und das keineswegs nur in Nebenrollen. Darsteller wie Franka Potente, Sibel Kekilli, Tom Wlaschiha oder Diane Kruger glänzen auch in tragenden Rollen und drücken aufwendig gemachten US-Serien ihren Stempel auf. Die Zeiten, in denen deutsche Schauspieler in Hollywood nur Schurken verkörpern durften, sind lange vorbei. Der Blick der amerikanischen Öffentlichkeit auf Deutschland und die Deutschen hat sich verändert.

So spielt die aus einem kleinen Dorf bei Hildesheim stammende Diane Kruger, die mit den Kinofilmen „Troja“ und „Das Vermächtnis der Tempelritter“ den Durchbruch in den USA schaffte, in der Krimiserie „The Bridge“ eine Hauptrolle – sie verkörpert eine autistische Polizistin, die an der amerikanisch-mexikanischen Grenze ermittelt. Die 37-Jährige freut sich ungemein über ihre Serienrolle: „Das ist für uns Schauspieler sehr aufregend, weil die dramatischen Rollen jetzt dort zu haben sind. Im Moment herrscht zumindest in Amerika eine goldene Ära für Serienproduzenten“, sagte sie der „Zeit“.

Die Begeisterung für aufwendig gemachte Serien hat längst auch die amerikanische Filmindustrie erreicht: Selbst Hollywood-Stars wie Kevin Spacey, der in der Politserie „House of Cards“ als fieser Strippenzieher brilliert, oder Dustin Hoffman („Luck“) sind sich für TV-Serien nicht zu schade. Und auch verdiente Kinomacher wie Martin Scorsese („Taxi Driver“), Frank Darabont („The Green Mile“) oder Alan Ball („American Beauty“) profilieren sich mit Serien wie „Boardwalk Empire“, „The Walking Dead“ oder „True Blood“. Die komplexen Strukturen teurer und international erfolgreicher Serien bieten für Akteure und Macher neue Möglichkeiten – das Fernsehen ist drauf und dran, dem Kino den Rang abzulaufen.

In Deutschland kennt Tom Wlaschiha kaum jemand – in den USA schon

Davon profitieren auch deutsche Schauspieler: Der gebürtige Sachse Tom Wlaschiha etwa mimt in der vom US-Sender NBC sowie Sat 1 und anderen europäischen Kanälen produzierten Krimiserie „Crossing Lines“ den technisch beschlagenen deutschen Ermittler Sebastian Berger. Der 40-jährige Wlaschiha, den in Deutschland kaum jemand kennt, ist auch im international gefeierten US-Fantasyepos „Game of Thrones“ zu sehen, genauso wie die gebürtige Frankfurterin Laura Pradelska und Sibel Kekilli, die hierzulande im „Tatort“ aus Kiel an der Seite Axel Milbergs auf Mörderjagd geht. In der HBO-Serie spielt sie die Kurtisane Shae, die zur Geliebten des kleinwüchsigen Serienhelden Tyrion Lannister (Peter Dinklage) wird. Kekilli, die 1980 in Heilbronn als Tochter türkischer Eltern zur Welt kam und die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, wurde in Deutschland mit Fatih Akins Kinodrama „Gegen die Wand“ bekannt und lehnte die Rolle der Shae zunächst ab, wie sie dem „Focus“ verriet: „Ich hielt die Figur anfangs für nicht sehr interessant. Doch dann überzeugten mich die Produzenten, dass sich Shae, sie ist ja die Geliebte von Lord Tyrion, über die Zeit weiterentwickeln würde.“

Franka Potente schließlich kann schon auf eine ganze Reihe von US-Serien zurückblicken, in denen sie mitgespielt hat. Die Münsteranerin, die Ende der Neunziger ihren Durchbruch in Tom Tykwers auch international erfolgreichem Kinofilm „Lola rennt“ feierte, wirkte nach Auftritten in Filmen wie „Blow“ mit Johnny Depp und „Die Bourne Identität“ mit Matt Damon schon in Fernsehserien wie „The Shield“, „Dr. House“ oder „American Horror Story“ mit. In der beklemmend realistischen Krimiserie „The Shield“ etwa spielte sie in mehreren Folgen die Tochter eines armenischen Mafiabosses, in „American Horror Story“ war sie als mysteriöse Patientin einer Irrenanstalt zu sehen. Zuletzt trat die 39-Jährige, die mit ihrer Familie in Los Angeles lebt, in der Serie „Coppers“ auf, die während des amerikanischen Bürgerkriegs spielt und in der sie die deutschstämmige Chefin eines Bordells verkörperte.

Für Potente und die anderen deutschen Darsteller sind die Rollen und Auftritte in den mit viel Geld produzierten US-Formaten eine großartige Gelegenheit, am Boom des in aller Welt vielgelobten amerikanischen Serienfernsehens zu partizipieren und sich auch international einen Namen zu machen.

Die US-Qualitätsserien sind allerdings so teuer, dass sie nur dann für die Produktionsfirmen gewinnbringend sind, wenn sie auch außerhalb der Vereinigten Staaten Geld einspielen. Der Verkauf ins Ausland ist daher wichtiger als je zuvor. Und weil der deutsche Fernsehmarkt inzwischen als der größte in Europa gilt, kann die Beteiligung deutscher Stars durchaus ein wichtiges Verkaufsargument sein.

Außerdem waren die USA immer schon ein Einwanderungsland. Da die Fernsehserien der neuen Generation sich vermehrt darum bemühen, ein realistisches Bild der US-Gesellschaft zu zeigen, ist es nur konsequent, Rollen international zu besetzen – auch, aber nicht nur mit Deutschen. Ein Besetzungsargument für Schauspieler wie Kekilli, Wlaschiha, Kruger oder Potente ist zudem, dass sie nicht nur gute Schauspieler sind, sondern auch richtig gut Englisch können.