Pippo Polina spielt mit seiner Band beim Europäischen Kultursommer in Fellbach. Foto: Nicklas Santelli

Der sizilianische Liedermacher Pippo Pollina spielt im ausverkauften Innenhof des Fellbacher Rathauses. Mit seiner musikalischen Poesie sorgt er für Urlaubsfeeling pur.

Fellbach - Ein Sommerabend wie in Italien. Er findet am Samstag in Fellbach im Innenhof des Rathauses statt. Drei Komponenten tragen dazu bei: An erster Stelle der sizilianische Liedermacher Pippo Pollina, der zusammen mit seiner Band im Rahmen des Europäischen Kultursommers konzertiert. Dann die rund 520 Personen, die sich auf die poetische Liedermacher-Kunst von Pollina einlassen wollen und es tun und last but not least, das Wetter. Petrus scheint in diesem Jahr besonderen Gefallen am Kultursommer gefunden zu haben. Auch am Samstag zogen die dunklen Wolken an Fellbach vorüber, die Temperaturen waren angenehm lau.

Pippo Pollina ist seit über drei Jahrzehnte in der Musikszene unterwegs

Urlaubsfeeling pur – dafür sorgten auch die vielen fleißigen Helfer des Centro Italiano mit Getränken aus ihrem Heimatland und „Pannini caldi“, wie man sie auf der Reise in den Süden etwa an Italiens Autobahnraststätten isst. Pippo Pollina ist schon über drei Jahrzehnte in der Musikszene unterwegs. Er gehört nicht zu den lauten Liedermachern, der Sohn einer bürgerlichen Familie aus Palermo gehört zu den nachhaltigen. Als Quereinsteiger kam er nach dem Studium auf Sizilien, unter anderem Jura, zur Musik. Pollina sang, um seine Gedanken über die Mafia zu äußern und das Leben in all seinen Facetten beschreiben. Das tat er zunächst als Straßenmusiker. Dabei begegnete er zum Beispiel Konstantin Wecker, was zu einer Zusammenarbeit führte, und Werner Lämmerhirt. Bereits in den 1980er Jahren trat er im Laboratorium in Stuttgart auf.

Gerade ist Pippo Pollina auf großer Europa-Tournee. „Die Sonne, die kommen wird“ (il sole che verrà) hat er seine neue CD genannt. Ein positiv gemeinter Titel? Pippo Pollina erzählt dem Publikum in perfektem Deutsch mit Schweizer Akzent – er lebt seit vielen Jahren mit seiner Familie in Zürich – von der Stille, der Natur und dem Meer, von Flüchtlingen, Ängsten, Zweifeln. Erinnert an die Boxlegende Cassius Clay und die Rolle der Religionen, reflektiert über Freundschaften, die das Leben prägen. Er singt – ausschließlich auf Italienisch - und spielt Gitarre, gibt ein beeindruckendes Solo auf dem Tamburin und begleitet sich selbst am Piano. Es sind keine Ohrwürmer, die Pippo Pollina im Rathaushof spielt. Es ist Musik gewordene Poesie.

Nach 22 Uhr legen die Musiker richtig los

Seine Band – fünf Musiker – ist bei seinen Liedern ein wichtiger Begleiter. Grandios wie Roberto Petroli aus Bari das Saxophon und die Klarinette bläst, der Römer Michele Ascolese seine diversen Gitarren spielt, Filippo Pedol aus Florenz seinen Kontrabass in Szene setzt, Fabrizio Giambanco aus Palermo am Schlagzeug agiert und Gianvito Di Maio, ebenfalls aus Palermo, mit Piano und Akkordeon begleitet. Nach exakt zwei Stunden – unterbrochen von einer etwas längeren „sizilianischen“ Pause für das Signieren von CDs und gespickt mit langen Parts, in denen Pippo Pollina plaudert – gehen die Musiker um 22 Uhr von der Bühne. Aber sie lassen sich ohne Mühe mit frenetischem Beifall zurückholen – und legen dann erst richtig los. 22 Uhr, das ist in Italien im Sommer die Zeit, in der das Leben beginnt, Und so ist es auch in Fellbach. Jetzt zeigt jeder Musiker, was er als Solist drauf hat. Jetzt singt Pippo Pollina „perchè questa vita è bella“ – warum dieses Leben schön ist. Dann wird er, mittlerweile alleine auf der Bühne, am Klavier melancholisch. Dazu hat er das Publikum nach vorne gebeten. Und alle da vorne sind sich einig: Ja, das Leben kann wirklich schön sein.