Erklärendes Schild vor einer Brachfläche als Rebhuhn-Refugium. Foto: Patricia Sigerist

Rückzugräume für die verbliebenen Rebhühner sind in Fellbach auf Rotationsbrachflächen entstanden. Frei laufende Hunde der Spaziergänger stören die Vögel aber beim Brüten.

Fellbach - Es werden jährlich weniger Rebhühner auf dem Schmidener Feld gezählt, sagt Gundis Steinmetz, die Umweltbeauftragte der Stadt Fellbach. Sie will dem mit einer Aktion der Stadtverwaltung und der Landwirte entgegenwirken, für jeweils vier Jahre besonders bepflanzte Flächen nicht zu bewirtschaften oder zu mähen. Es gibt solche Flächen jetzt auf Feldern östlich, nördlich und westlich von Fellbach. Sie sollen den streng geschützten und vom Aussterben bedrohten Vögeln Futter und Deckung zugleich geben.

Auf der Brachfläche wächst Gestrüpp

Der Bürger wird dies vielleicht anders sehen, vermutet Oberbürgermeister Christoph Palm. Als er auf seiner Stadtteilbegehung vor einer solchen ungemähten Fläche mit wild wuchernden Stauden und Büschen in Verlängerung der Blumenstraße jenseits der Umgehungsstraße steht, sagt er: „Der Bürger sieht, dass das Grundstück nicht gerade der schwäbischen Kehrwochenordnung entspricht, und denkt vielleicht: Was ist das für ein Gestrüpp?“ Dieser Eindruck ist ein Nachteil, denn Hundebesitzer werden versucht sein, ihrem Liebling dort, wo scheinbar nichts Wichtiges wächst, von der Leine zu lassen. Gerade in diesen zeitweiligen Brachen brüten aber die selten gewordenen Vögel. Wenn sie von Hunden oder Füchsen mehrfach bei diesem Geschäft aufgescheucht werden, geben die Hühner auf und verlassen die Brut vorzeitig. Der dringend nötige Nachwuchs bleibt aus. „Die Hunde sollten rausgehalten werden“, fordert deswegen Sabine Geißler-Strobel von der AG für Tierökologie und Planung in Filderstadt, die als Gutachterin für die Stadtverwaltung tätig ist.

Als ersten Schritt hat die Stadt vor einiger Zeit Schilder aufgestellt, um den Spaziergängern den Zweck der Rückzugsfläche für Tiere zu beschreiben, damit sie ihre Vierbeiner fern halten.

Leinenzwang für Hunde während der Brutzeit?

Im Gemeinderat Fellbach wird darüber hinaus diskutiert, ob im Umfeld einer solchen, alle paar Jahre an eine andere Stelle verlegten Brachfläche während der Brutzeit, also für zwei bis drei Monate, ein Leinenzwang für Hunde verkündet werden soll. Die CDU-Gemeinderätin Simone Lebherz trägt die offene Frage in der Diskussion mit dem OB vor Ort vor. Das müsse dann aber auch kontrolliert werden, lautet die Forderung aus dem Kreis der Umweltschützer. Aus der Landwirtschaft kommen Zweifel. Die zahlreichen Füchse auf dem Schmidener Feld seien das größere, ein „Riesenproblem“: Die Fuchspopulation wächst, wird größer und gefährlich. Kaum ein Jäger wagt es nach dem Eindruck der Landwirte, die rotbraunen Gesellen im viel besuchten Naherholungsgebiet zu jagen.

Baumschulen bieten Ausweichflächen für Rebhühner

Die Rebhühner sind, so sagt Sabine Geißler-Strobel, „hochgradig gefährdet, weil sie besondere Ansprüche haben.“ Dass sich Rebhühner überhaupt auf dem Schmidener Feld halten, liegt vermutlich an einer Spezialität. Baumschulen besaßen zwischen den Getreide- und Maisäckern zahlreiche Grundstücke und nutzten sie kaum. Für Rebhühner bedeutete dies einen Standortvorteil: Der bunte Wechsel von Nutzungen gibt ihnen das ganze Jahr über Ausweichmöglichkeiten, obwohl sie sich stets in einem fest gelegten Kreis von etwa einem bis zehn Hektar Fläche aufhalten. Leider geht die Zahl der Baumschulen rapide zurück. Mit den rotierenden Brachflächen werden dagegen neue Deckungs- und Futtermöglichkeiten geschaffen: „Wir sind innerhalb kurzer Zeit einen ganz großen Schritt weitergekommen“, sagt Sabine Geißler-Strobel. Oberbürgermeister Christoph Palm lobt daher die Landwirte, dass sie die Flächen im Rahmen ihrer Fruchtfolge zum Schutz der Natur zur Verfügung gestellt haben.

Experimente mit Rotationsbrachflächen

Die Rotationsbrachflächen sind für die Fellbacher Stadtverwaltung noch ein Experimentierfeld: Die AG für Tierökologie und Gundis Steinmetz probieren noch Gräsermischungen ebenso aus wie geeignete Grundstücke. Ein Streifen Brachland 50 Meter weiter nördlich des vorgestellten Rebhuhn-Refugiums bleibt nicht ganz sich selbst überlassen, sondern wird jeweils zur Hälfte umbrochen. Welche Form die beste ist, werden Beobachtungen erweisen.