Tiere kommen noch vorbei, aber Wanderer müssen ausweichen. Foto: Patricia Sigerist

Eine Barrikade aus Holz versperrt den Weg zum Kernenturm. Das Hindernis aus Baumkronen und anderem Geäst soll die seltenen Weißtannen auf der Fellbacher Gemarkung vor Mountainbikern schützen. Die Umweltaktion sorgt für Ärger bei Wanderern.

Fellbach -

Verkratzte Beine, eine zerrissene Hose und Dornen in den Händen – diese Bilanz musste Familie Jäger nach einem Wanderausflug ziehen. Ohne zu ahnen, dass gleich sportliche Fähigkeiten erforderlich sein würden, seien sie auf dem Waldpfad vom Kernenturm aus plötzlich auf eine Barriere gestoßen, heißt es in einem Brief, mit dem sich Jörg Jäger Luft machen wollte. „Wir standen entsetzt vor einer Barrikade aus Ästen, verstärkt mit Dornenranken und frisch geschlagenen Jungbäumen.“

Revierförster Stefan Baranek Foto: Patricia Sigerist
Weil sich der geplagten Familie die Frage stellte, ob ein Wanderweg so verbarrikadiert sein dürfe, versandte Jörg Jäger sein Schreiben an mehrere Gemeinderäte aus Kernen und Fellbach. Auch die Bürgermeister erfuhren von dem Ärger des Kernener. Weil der Weg – er führt 9,5 Kilometer lang von der Siechenkapelle in Waiblingen zum Kernenturm – auf Fellbacher Gemarkung liegt, und weil das Schreiben Thema in der jüngsten Sitzung des Verwaltungsausschusses war, nahm Christoph Palm in einer Mail Stellung zu dem Thema.

Es gibt Weißtannen wie im Schwarzwald

Der Fellbacher Oberbürgermeister ging auf die besondere geologische Situation nördlich des Kernenturms ein. Dort, wo sich über Jahrtausende nur eine dünne Humusschicht bilden konnte, sei die einzige Stelle auf Fellbacher Gemarkung, auf der dank ausreichender Wasserversorgung auch Weißtannen wie im Schwarzwald vorkommen sowie im unteren Abschnitt die ältesten Eichen Fellbachs mit weit über 200 Jahren. „Leider hat sich dort ein Trampelpfad entwickelt, der von Spaziergängern und von Mountainbikefahrern stark in Anspruch genommen wurde. Um die Nutzung des angeschwollenen Weges zu unterbinden, wurde der Zutritt mit Baumkronen und anderem Geäst verwehrt, was vor rund fünf Wochen nochmals verstärkt wurde“, heißt es in dem Schreiben von Palm.

Die Barriere soll Mountainbiker abschrecken

Schon vor geraumer Zeit hatte Revierförster Stefan Baranek die Barriere auf dem offiziellen Wanderweg errichtet (wir haben berichtet). Das von Menschenhand aufgetürmte Hindernis sollte Mountainbiker abschrecken und so den sensiblen Wegabschnitt bewahren. „Wir wollen den Boden schützen, bis die Bäume nachgewachsen sind und das Gebiet gesichert haben. Drei bis fünf Jahre sollten der Natur zur Stabilisierung reichen“, sagt Baranek. Danach will der Förster den Weg wieder öffnen. Bis es soweit ist, hofft er auf das Verständnis der Wanderer, einfach einen kleinen Umweg zu laufen, statt sich durch die Barrikade zu schlagen und damit dem Boden zu schaden.

Der Trampelpfad soll in Wanderkarten nicht mehr stehen

In die Richtung argumentiert auch OB Palm: „Der Kernenturm kann auf anderen befestigten Wegen erreicht werden. Wer die Natur liebt, sollte sie schützen. Auch mit dem Albverein war und ist die Stadt im Gespräch, damit in dessen Wanderkarten der Trampelpfad nicht mehr auftaucht.“

Jörg Jäger kann sich damit nur bedingt abfinden. Als Naturfreund wolle er auf naturnahen Pfaden unterwegs sein. „Ist es erklärtes Ziel der Stadt, Waldbesucher nur noch auf befestigten Wegen zu dulden?“, fragt er. Seinem Eindruck nach werde die Tendenz, einen Weg quer durch den Wald zu suchen, durch solche Barrikaden eher verstärkt, sagt der verärgerte Kernener und bietet seine Mithilfe bei der Instandsetzung des Weges an.