Auf einen Blick sind die Jahre 1955 und 2017 zu sehen. Foto: Stadtmessungsamt Stuttgart

Vor allem der Bau des neuen Rathauses, der Wohncity und der Schwabenlandhalle haben das Gesicht von Fellbach verändert.

Fellbach - Gudrun Bürkle hat einen Teil ihres Geschäftsbetriebes bis heute erhalten. Das frühere Lager von Zoo Sayler in der Cannstatter Straße ist ein Relikt aus der Geschichte des Fellbacher Traditionsbetriebs. Es dient heute noch als kleiner Laden, in dem Gudrun Bürkle samstags Kunden mit Rat und Tat zu Seite steht.

Die Fellbacher Geschäftsfrau hatte den Wandel von Fellbachs Mitte über Jahrzehnte also direkt vor Augen. „Vor unserem Haus fuhr damals noch die Straßenbahn vorbei“, erinnert sie sich an die Zeit in den 1950er-Jahren, als Laden und Wohnung noch in der Bahnhofstraße 2 ansässig waren.

Die Straßenbahn ist auf dem historischen Luftbild aus dem Jahr 1955 schwer zu erkennen. Aber augenfällig ist, dass im Herzen der Stadt kräftig gebaut worden ist. Stadtprägende Gebäude entstanden im Lauf der nächsten Jahrzehnte. Wo früher die alte Stadthalle stand, wurde 1976 die Schwabenlandhalle errichtet. Der Entschluss, die Halle zu bauen, fiel im Fellbacher Gemeinderat am 11. Mai 1971. Nach vierjähriger Bauzeit, am 10. September 1976, wurde das verschachtelte Gebäude eingeweiht. Und erst im vergangenen Jahr hat das Veranstaltungs- und Kongresszentrum sein Schwabenalter gefeiert. Ebenso markant ist das neue Rathaus. „Ich kenne das alte Rathaus, also das heutige Gebäude der Fellbacher Polizei in der Cannstatter Straße noch als Nutzerin“, sagt Gudrun Bürkle. Und die 78-Jährige hat sogar noch eine Broschüre zur Hand, die damals unter dem Titel „Sanierung Stadtmitte Fellbach“ zur Grundsteinlegung des Rathausneubaus am 12. Oktober 1984 erschienen ist.

Auch die Bauten am Berliner Platz verändern das Stadtbild

Friedrich-Wilhelm Kiel, von 1976 bis 2000 Fellbachs Oberbürgermeister, sagt in seinem Grußwort, dass die Sanierung und Neugestaltung der Stadtmitte Fellbach „einmal das Gesicht unserer Stadt entscheidend prägen werden“. Dazu gehört das neue Fellbacher Rathaus mit öffentlicher Tiefgarage, aber auch die Bauten am Berliner Platz und die Wohncity. Da werden ihm viele Recht geben – wenn man die Luftbilder vergleicht. Auch die Wohncity mit ihrem Innenhof und der Stadtbücherei ist leicht auszumachen. Allerdings scheiden sich heute an der Wohncity und dabei vor allem an den Bauabschnitten I und II die Geister – diese Bauabschnitte wurden noch in Guntram Palms Amtszeit (1966 bis 1976) gebaut. Was damals wohl als modern galt, wird mittlerweile mit ganz anderen Augen betrachtet.

„Die Wohncity würde man heute so nicht mehr bauen“, ist Gudrun Bürkle überzeugt. Sie bekam damals auch das Angebot, mit ihrem Geschäft in den Komplex einzuziehen. „Wir haben uns aber anders entschieden und sind 1984 in die Cannstatter Straße 74 umgezogen, dank der Hilfe der Stadt Fellbach“, erinnert sie sich, „und das war rückblickend eine gute Entscheidung.“ Gudrun Bürkle war rührig, was die Läden in der damals neuen Wohncity betraf. „Es zeigte sich, dass die Einzelhändler es nicht so einfach dort hatten. Ich regte die Gründung der Werbegemeinschaft Stadtmitte an“, berichtet sie. „Und bei dem ersten Fest haben wir Polonaise getanzt.“ Sie holt ein Album heraus und zeigt ein Foto vom August 1979, auf dem Stimmung im Innenhof der Wohncity herrscht.

Für die Geschäftsfrau war es ein „gesunder Wettbewerb“, wenn sie sich an die Zeiten erinnert, als es noch deutlich mehr Werbegemeinschaften in Fellbach gab. Heute sind nur noch die Werbegemeinschaft nördliche Bahnhofstraße und die Interessengemeinschaft Rathaus-Carrée aktiv. Geblieben sind trotz des großen Wandels einzelne Konstanten bis heute: „Juwelier Kuder war schon damals unser Nachbar in der Bahnhofstraße 2 und er hat dort immer noch seinen Sitz“, sagt die Fellbacherin. Mancher Inhaber eines Traditionsbetriebs kann also nach wie vor von der wechselvollen Geschichte erzählen.