Künftig gibt es mehr Mitwisser aus dem Gemeinderat bei den Stadtwerken. Foto: Sigerist

Für Unternehmen in städtischer Hand in Fellbach soll künftig ein Kodex gelten. Er regelt Interessenskonflikte und erlaubt Fraktionsmitgliedern, Kollegen zu informieren.

Fellbach - Dass Stadträte über wesentliche Vorgänge in Tochterunternehmen der Stadt nichts erfahren dürfen, das hat schon immer für Verstimmung unter den Kommunalpolitikern gesorgt. Künftig dürfen die Stadträte, die der Gemeinderat in die Aufsichtsräte der GmbH-Gesellschaften delegiert, ihre Fraktionsmitglieder informieren – zwar nicht über alles, aber ein bisschen dürfen sie die Decke lupfen. Das hat der Gemeinderat jetzt einstimmig beschlossen.

Möglichst hohe Transparenz

Die Neuregelung der Verschwiegenheitspflicht ist Teil eines Corporate Governance Kodex für die Unternehmen im Wirkungskreis der Stadt Fellbach, also im Wesentlichen die Stadtwerke, die Schwabenlandhalle und die Städtische Holding. Das sind alles Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), die der Gemeinderat über den jeweiligen Aufsichtsrat kontrollieren soll. „Ziel ist eine möglichst hohe Transparenz“, sagte Oberbürgermeister Christoph Palm, „und wir haben einen rechtssicheren Weg gefunden.“ Dabei müssen die Bestimmungen des GmbH- und des Aktiengesetzes berücksichtigt werden. „Die Öffentlichkeit hat einen Informationsanspruch“, bekräftigte der Geschäftsführer der Stadtwerke, Thomas Mahlbacher. Das geht aber nicht so weit, dass aus den Sitzungen des Aufsichtsrats künftig öffentlich informiert wird. Vielmehr sollen die Aufsichtsratsmitglieder lediglich ihre jeweiligen Fraktionen informieren dürfen, wenn keine schützenswerten Belange dagegen sprechen. Dafür wird der Kreis der Geheimnisträger erweitert – die Fraktionsmitglieder sind dann nämlich auch zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Kodex regelt auch Interessenkonflikte

Die Geheimnisse der Aufsichtsräte sind freilich nur ein Teil dieses Regelwerks mit dem hochtrabenden Namen Corporate Governance Kodex, einer Art erweiterter Geschäftsordnung. So etwas ist eigentlich nur Standard für börsennotierte Aktiengesellschaften. Den Kodex für Fellbach hat Mahlbacher auf der Basis von Vorlagen aus anderen Kommunen wie Mannheim eigens entwickelt. Es gibt nämlich einen wesentlichen Unterschied zu Daimler und Co: Für die Steuerung und Kontrolle öffentlicher Unternehmen zählt nicht nur der wirtschaftliche Erfolg, sondern auch die Gemeinwohlorientierung. Im Aufsichtsrat der Stadtwerke beispielsweise, dem einzigen städtischen Unternehmen, das Geld verdient, geht es unter anderem um möglichst günstige Strom- und Gaspreise für die Bürger. Der Kodex regelt auch die Offenlegungspflicht von Aufwandsentschädigungen, den Umgang mit Interessenkonflikten, Berichtspflichten und ähnliches.

Städtische Unternehmen sind dem Gemeinwohl verpflichtet

Solche Kodexe sind entstanden, als die Finanzkrise auf ihrem Höhepunkt war, erklärte der CDU-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Spieth; „Da war die Tugend des ehrbaren Kaufmanns wieder gefragt.“ Er lobte den Entwurf als umfassende Verhaltensorientierung für alle Beteiligten. Auch der FW/FD-Fraktionsvorsitzende Ulrich Lenk sicherte die Zustimmung seiner Fraktion zu. In dem Kodex stünden zwar auch viele Selbstverständlichkeiten, wichtig sei aber vor allem, dass städtische Unternehmen dem Gemeinwohl verpflichtet sind. Noch nicht ausdiskutiert sei die Regelung, wenn ein Aufsichtsratsmitglied verhindert ist. Dafür ist in dem Kodex keine Stellvertretung vorgesehen, vielmehr nur eine schriftliche Stimmbotschaft.

Der SPD-Stadtrat Harald Raß mahnte, dass sich öffentliche Unternehmen nicht der öffentlichen Diskussion entziehen dürften. Interessenkonflikte, die sich aus dem Widerspruch zwischen privatrechtlicher Verfasstheit und Gemeinwohlorientierung ergeben, müssten, so weit rechtlich vertretbar, zugunsten der Transparenz interpretiert werden. Das bedeute auch, dass der Gemeinderat den städtischen Vertretern in der Gesellschafterversammlung und in den Aufsichtsräten Weisungen erteilen dürfe. Es sollte klar sein, so Raß, dass der Gemeinderat die politische Verantwortung dafür trägt, was in den Unternehmen geschieht.

Auch Raß forderte eine Stellvertreterregelung für Aufsichtsräte. Dann würde aber das ordentliche Aufsichtsratsmitglied für Entscheidungen seines Stellvertreters haften, gab OB Palm zu bedenken. Er regte an, erst einmal abzuwarten, wie sich der Kodex bewähre. Der Grünen-Stadtrat Karl Würz sprach sich dafür aus, dass so ein Kodex möglichst wenig offen lasse, „auch Selbstverständlichkeiten gehören da hinein“. Wichtig sei vor allem Transparenz.