Der enorme Anstieg von Wohnungseinbrüchen verunsichert viele Bürger. Foto: Sigerist

Der Kriminalhaupt-kommissar Klaus Ebner informiert gut 100 Interessierte am Mittwochabend im Fellbacher Rathaus über Einbruchsschutz und Sicherungstechnik.

Fellbach - Der enorme Anstieg von Wohnungseinbrüchen verunsichert viele Bürger im Rems-Murr-Kreis. Seit dem langjährigen Tiefststand im Jahr 2009 hat sich die Zahl der Einbrüche in Privatwohnungen von 159 auf 376 im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt. Dieser Rekord dürfte allerdings nicht lange Bestand haben. Nach Einschätzung von Experten wird die Zahl der Einbrüche in diesem Jahr kreisweit erneut um etwa 70 Prozent steigen. Über die Gründe hüllen sich die Verantwortlichen gerne in Schweigen. Zu brisant ist das Thema, zumal wenn auf den angeblichen Zusammenhang mit steigenden Flüchtlingszahlen verwiesen wird.

Für Fellbachs Polizeichef Klaus Auer ist die Personalknappheit der Polizei ein gewichtiges Argument

Für Fellbachs Polizeichef Klaus Auer ist die Personalknappheit der Polizei ein gewichtiges Argument: „Präsenz ist ganz klar ein Sicherheitsfaktor.“ Tatsache ist aber auch, dass aktuell vor allem umherreisende Einbrechergruppen der von anderen Aufgaben wie der Absicherung von Fußballspielen belasteten Polizei zu schaffen machen. Mancher Beobachter kritisiert zudem die teils geringen Strafen für Einbrecher. Ohnehin liegt die Aufklärungsquote nur bei etwa zehn Prozent.

Inzwischen ist die Lage so ernst, dass die in Waiblingen ansässige Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle für die sicherheitstechnischen Einzelberatungen eine Wartezeit von vier bis acht Wochen ansetzt. Deshalb sind die Präventionsexperten dazu übergegangen, öffentliche Vortragsveranstaltungen anzubieten.

Klaus Ebner führt auf humorvolle Weise durch die Möglichkeiten der Absicherungstechnik

Eine davon fand am Mittwochabend im mit gut 100 Besuchern besetzten großen Saal des Fellbacher Rathauses statt. Klaus Ebner führte dabei auf humorvolle Weise durch die Möglichkeiten der Absicherungstechnik, verwies aber auch auf die möglichen Nachwirkungen eines illegalen Eindringens: „Die psychischen Folgen eines Einbruchs sind immens.“ In einem Fall hat der Kriminalhauptkommissar sogar erlebt, dass das Opfer deswegen sein Haus verkauft hat.

„Einbrecher suchen Beute und keine Herausforderungen“, sagte der 52-Jährige. Der Einbruch soll aus Tätersicht möglichst schnell ablaufen, da ein Beobachter die Polizei alarmiert haben könnte. Deshalb zielen bauliche Absicherungsmaßnahmen vor allem darauf ab, Störenfriede möglichst lange aufzuhalten. Mancherlei Sicherheitstechnik schreckt Einbrecher gänzlich ab oder lässt die Tat im Versuchsstadium enden. So dringen knapp zwei Drittel aller Einbrecher über Terrassentüren und Fenster ein, die wiederum in 85 Prozent aller Fälle aufgehebelt werden. Hier können gegenüber herkömmlichen Rollverriegelungen sogenannte Pilzzapfen-Verriegelungen für verbesserten Schutz sorgen.

Gekippte Fenster ohne Gitter sind nicht nur für Diebe interessant, sondern auch für Versicherungen

Allerdings kann auch ein geändertes Verhalten schon viel bringen. „Ein gekipptes Fenster ist ein offenes Fenster“, sagte Klaus Ebner, der für im Erdgeschoss gelegene Bäder und Toiletten Eisengitter empfiehlt. Gekippte Fenster ohne Gitter sind nicht nur für die dadurch förmlich eingeladenen Diebe interessant, sondern auch für die Versicherungen, die in einem solchen Fall die Zahlung verweigern können.

Oft beobachten die Täter ein Zielobjekt im Vorfeld. Heruntergelassene Rollläden zur Tageszeit, dunkle Ecken, die ein unbemerktes Aufbrechen der Nebentür erlauben, aber auch gute Fluchtmöglichkeiten durch eine entsprechende Verkehrsanbindung sind für sie attraktiv.

48 Prozent der Einbrüche sind zwischen 15 und 22 Uhr, vor allem nach der Zeitumstellung, wenn es früh dunkelt

Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht haben Einbrecher durchaus eine Abneigung gegen allzu späte Arbeitseinsätze. 48 Prozent aller Einbrüche finden zwischen 15 und 22 Uhr statt, vor allem nach der Zeitumstellung, wenn es früh dunkel wird. In 42 Prozent der Fälle nutzen sie längere Abwesenheitszeiten, beispielsweise anlässlich eines Urlaubs. Fast nie kommen die Straftäter mitten in der Nacht.

Wenn die Wohnungsbesitzer auf einen Einbrecher treffen, dann sollten sie sich durch Geräusche oder eingeschaltetes Licht bemerkbar machen und die Polizei rufen. Körperliche Auseinandersetzungen mit Einbrechern gilt es jedoch nach Ansicht von Klaus Ebner zu vermeiden: „Spielen Sie nicht den Helden. Zur Not treten Sie zur Seite und lassen ihn durchrennen.“