Vor allem von November bis April werden die Feinstaubwerte in Stuttgart erheblich überschritten. Dann drohen Fahrverbote Foto: dpa-Zentralbild

Stadt und Land wollen ab 2016 Feinstaubalarm auslösen, wenn Schadstoff-Grenzwerte in Stuttgart überschritten werden. Der Aufruf zum freiwilligen Verzicht wird Autofahrer, aber auch Besitzer von Holzöfen, vor allem von Oktober bis April erreichen. Dann ist Feinstaub-Hochzeit.

Stuttgart - Die Landeshauptstadt verteidigt ihren Ruf der Feinstaub-Hochburg zäh. 2012 wurden die von der EU auf 35 Überschreitungstage gesetzte Grenze mit 78 Tagen deutlich gerissen. An diesen wurden mehr als die erlaubten 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft gemessen. Die Spitze lag am 9. Februar bei 105 Mikrogramm.

2013 gab es sogar 91 Tage mit viel zu dicker Luft, 2014 dann 64 Tage. In diesem Jahr registrierte die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) am Neckartor bis zum 23. Juni genau 42 Tage. Auch die zulässigen Werte für Stickstoffdioxid werden in Stuttgart überschritten, und zwar an allen Messstellen, also auch an der Hohenheimer und Waiblinger Straße und am Klett-Platz.

Ein tageweise wechselndes Fahrverbot für Autos mit gerader und ungerader Nummer in Stuttgart soll die Zahl der Überschreitungstage ab 2016 deutlich senken. Die vorerst freiwillige Entscheidung, das Auto stehen zu lassen, soll durch eine Halbierung des Fahrpreises für Bus und Bahn erleichtert werden. Die SPD in Stuttgart fordert vom Land dazu Geld für Ersatzinvestitionen in Fahrzeuge und den Schienenausbau.

Verzicht aufs Auto, Verzicht auf den Holzofen

Zum Verzicht auf das Auto soll auch der Verzicht auf das Anfeuern eines Holzofens kommen. 20 000 der beliebten Einzelheizungen stehen laut Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) in Stuttgart, 8000 davon im wenig durchlüfteten Talkessel. Dank Zentralheizungen sei kaum eine für ein warmes Wohnzimmer tatsächlich nötig. Angefeuert werde oft, weil es so schön knistert. Zwar werde ein nachwachsender Rohstoff verbrannt, aber auch das treibe die Feinstaubwerte hoch, so Hermann.

Einzelne Tage mit zu hohen Feinstaubwerten, wie sie zuletzt 2012 im Mai, Juni, Juli und September auftraten (insgesamt zwölf) lassen sich kaum vorhersagen. Zusammenhängende Perioden in den Wintermonaten Januar bis März und auch im April ließen sich allerdings wegen der Inversion, also einer kalten Luftschicht im Kessel und der wie ein Deckel darüber liegenden Warmluft vom Wetterdienst gut prognostizieren, heißt es im Umweltministerium. Daher könne auch gut vorab eine Feinstaub-Warnung mit Fahrverbot-Appell ausgesprochen werden.

Tatsächlich zeigen die LUBW-Aufzeichnungen vor allem von Januar bis März längerer Perioden mit zum Teil deutlichen Grenzwertüberschreitungen. Im Januar und Februar 2012 war dies an 17 Tagen ohne Unterbrechung der Fall. 2013 gab es im März zwölf Überschreitungstage am Stück und zur Monatswende auf April mit zwei Unterbrechungen 13 Tage. Im März 2014 waren es zwölf Tage am Stück und Ende März/Anfang April mit zwei Unterbrechungen nochmals zwölf Tage. Die Spitze lag bei 101 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft.

Ein ähnliches Muster zeigt der Jahresanfang 2015: Im Februar gab es vom 3. bis 20. genau 15 Überschreitungstage mit zwei Unterbrechungen. Im März waren es vom 6. bis zum 25. genau 16 Tage mit vier Unterbrechungen.

Im Konzept von Winfried Hermann sollen Fahrverbote für wechselnde Kennzeichen von Winter 2018 an verbindlich sein. Das Bußgeld liegt bei 80 Euro.