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Ein Werkstattbesitzer im Remstal soll Fördergelder des Bundes zu Unrecht kassiert haben.

Stuttgart - Wie viele alte Dieselfahrzeuge ohne grüne Plakette in der Stuttgarter Umweltzone herumfahren, weiß niemand genau. Erwischt werden nur wenige. Ähnliches gilt für kriminelle Betrügereien im Umgang mit Dieselrußfiltern. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart kennt bis jetzt nur einen Fall.

Kriminell und geldgierig oder unschuldiges Opfer einer Intrige – darüber hat das Amtsgericht Waiblingen demnächst zu entscheiden. Im Zusammenhang mit dem Einbau von Rußpartikelfiltern soll sich der Betreiber einer Autowerkstatt aus dem Remstal des Subventionsbetrugs und der Urkundenfälschung schuldig gemacht haben. Der Autobesitzer wusste angeblich von dem Betrug nichts.

Fall aus dem Remstal

Auf die Schliche gekommen ist die Staatsanwaltschaft dem Kfz-Fachmann durch einen Zufall. Um mit seinem alten Lastwagen (Baujahr 1994) weiter auf den Markt nach Stuttgart-Zuffenhausen fahren zu können, hat ein Gärtner aus dem Remstal sein Gefährt mit einem Rußpartikelfilter in einer Werkstatt seines Heimatorts nachrüsten lassen. Weil man sich kennt, ging die ganze Prozedur ohne große Formalitäten über die Bühne.

Bei der Übergabe des Fahrzeugs drückte der Betreiber der Werkstatt, der auch Gemeinderat in dem Remstalort ist, dem Bekannten gleich die grüne Feinstaubplakette in die Hand. Nur Fahrzeuge mit dieser Kennzeichnung dürfen seit dem 1. Januar dieses Jahres in Stuttgart herumfahren. Anstatt die wichtige Plastikfolie wie vorgeschrieben auf die Windschutzscheibe zu kleben, legte ihn der Gärtner in das Handschuhfach seines modernisierten Oldtimers. Und wurde natürlich prompt im März in Zuffenhausen erwischt.

Weil der Remstal-Gärtner seine eigene Vorstellung von Recht und Gerechtigkeit hat, wollte er partout nicht einsehen, dass er für seine Nachlässigkeit ein Bußgeld von 40 Euro bezahlen und dazu noch einen Punkt im Verkehrsstrafenregister erhalten sollte. Um seine Auffassung von Recht und Unrecht durchzusetzen, legte er nicht nur Einspruch beim zuständigen Stuttgarter Ordnungsamt ein, sondern konfrontierte auch die Polizei und die Waiblinger Zulassungsstelle mit seinem Problem. Die eingeschalteten Stellen machten das Bußgeld natürlich nicht rückgängig, dafür nahmen sie aber den Kleinlastwagen, für den die grüne Umweltplakette ausgestellt worden war, näher unter die Lupe. Dabei stellten die Behörden fest, dass das Fahrzeug gar nicht über einen Rußpartikelfilter verfügte.

Werkstattbesitzer beteuert Unschuld

Diese Entdeckung veranlasste wiederum die Polizei, im Auftrag der Staatsanwaltschaft bei der Werkstatt vorbeizuschauen und einen intensiven Blick in die Bücher zu werfen. Diese Untersuchung förderte nach Angaben von Claudia Krauth, der Sprecherin der Stuttgarter Staatsanwaltschaft, einen Fall von Urkundenfälschung und Subventionsbetrug zutage. Der Werkstattbesitzer soll nach den Ermittlungen den Förderantrag selbst unterschrieben haben, um beim Bundesamt für Ausfuhr und Wirtschaftskontrolle den für den Filtereinbau ausgelobten Zuschuss in Höhe von 330 Euro einstreichen zu können. Das Geld erhielt die Werkstatt, aber die Abgasreinigung wurde nicht eingebaut.

Die Staatsanwaltschaft stellte dem Werkstattbesitzer nach diesen Erkenntnissen einen Strafbefehl zu. Die Höhe der Strafe will Krauth nicht nennen, weil der Betroffene prompt Widerspruch eingereicht hat. Deshalb kommt es am 23. Mai zu einer Verhandlung im Waiblinger Amtsgericht. Dort, so der Beschuldigte, „wird die ganze Angelegenheit wie ein Kartenhaus zusammenbrechen“. Notfalls werde ihm ein grafologisches Gutachten helfen, seine Unschuld zu beweisen. „Gegen mich läuft eine Intrige“, behauptet er. Nach Angaben der Stuttgarter Staatsanwaltschaft ist diese kriminelle Affäre im Zusammenhang mit der subventionierten Nachrüstung von Dieselfahrzeugen ein Einzelfall im Zuständigkeitsbereich dieser Behörde. Bei der Frage nach der Dunkelziffer kann die Vertreterin der Staatsanwaltschaft nur mit der Schulter zucken.

Strengere Gesetze

Der betroffene Remstal-Gärtner lehnt sich dagegen weit aus dem Fenster. Er kenne in seiner Umgebung viele, die mit alten Dieselfahrzeugen ohne Rußpartikelfilter auch in den Umweltzonen herumfahren, behauptet er keck. Die Zulassungsstellen in der Region Stuttgart befürchten, dass der Remstäler mit seinen Beobachtungen richtigliegen könnte. Allerdings gehen auch sie wie die Staatsanwaltschaft nicht davon aus, dass in vielen Fällen kriminelle Energie aufgewendet wird, um an die grüne Plakette und die staatliche Subvention zu kommen. Eher seien es Autobesitzer, die ihren Wagen, aus welchen Gründen auch immer, nicht nachrüsten lassen und ihn dennoch benutzen.

Einige davon werden auch erwischt. In den vergangenen beiden Jahren stellte das Stuttgarter Ordnungsamt jeweils zwischen 500 und 600 Bußgeldbescheide wegen dieses Verstoßes aus. Nach der Einschätzung von Hermann Karpf, Referent des Stuttgarter Ordnungsbürgermeisters Martin Schairer, könnten es mehr sein, wenn auch abgestellte Autos wegen einer fehlenden Plakette abgemahnt werden könnten. Karpf hofft, dass diese Gesetzeslücke jetzt schnell geschlossen wird.

Die Kfz-Innung fordert Städte wie Stuttgart hingegen auf, nicht auf die Gesetzesänderung zu warten, um gegen Plakettensünder vorzugehen. „Die Zulassungsstellen müssen nur ihre Daten miteinander abgleichen“, rät Innungssprecher Michael Mayer. Danach sei es einfach, die uneinsichtigen Besitzer von Dieselstinkern strenger ins Visier zu nehmen.