Foto: dpa

Die Schritte von Land und Stadt gegen Feinstaub in Stuttgart sind aus Sicht der SPD-Landtagsfraktion nicht befriedigend. Für Fahrverbote will sich aber keine Fraktion so recht aussprechen – sie sollen als allerletztes Mittel erwogen werden.

Stuttgart - Die SPD-Fraktion im Landtag fordert ein entschlosseneres und transparenteres Vorgehen von Land und Stadt gegen den Feinstaub in Stuttgart. „Es ist fünf vor zwölf“, sagte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch am Donnerstag. Wenn die gesundheitsschädlichen Partikel weiter nicht verbannt werden könnten, müssten Fahrverbote als allerletztes Mittel erwogen werden.

Nicht die Autofahrer ärgern

Die übrigen Fraktionen sehen Fahrverbote noch skeptischer. Auch Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) wies Spekulationen zurück, er lege es auf Verbote in der Landeshauptstadt an: „Ich wache nicht jeden Morgen auf und denke, wie kann ich die Autofahrer ärgern.“ Ähnlich sieht es auch die Grünen-Fraktion: „Fahrverbote sind für uns derzeit kein Thema“, sagte Daniel Renkonen und ist sich damit einig mit der CDU-Fraktion.

Verbote wären ein erheblicher Eingriff in Individualrechte und die Wirtschaft, wie Hermann erläuterte. „Wir werden alles tun, um das zu vermeiden.“ Die SPD habe dazu keinen konstruktiven Beitrag geleistet. Diese sieht wiederum keine klare Linie bei den diversen Akteuren, Stadt, Ministerium und Landtag. Die FDP-Fraktion forderte rascheres Handeln und Umrüstprämien, wenn stark feinstaubausstoßende Feuerungsanlagen in moderne Heizungen umgerüstet werden. Aus Sicht der AfD ist das Bahnprojekt Stuttgart 21 mit seinen vielen Baustellen in der Landeshauptstadt ein „Feinstaubriese“; der Baubetrieb müsse bei feinstaubbegünstigenden Wetterlagen eingeschränkt werden.

Keine Entwarnung

Hermann betonte, er könne bei den Feinstaubproblemen keine Entwarnung geben. Am bundesweiten Feinstaub-Hotspot Neckartor werde die von der EU vorgeschriebene Grenze vermutlich auch in diesem Jahr gerissen. An bereits 32 Tagen wurde an der Messstelle an der Bundesstraße 14 eine Feinstaubbelastung von über 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen. Wird dieser Wert an mehr als 35 Tagen überschritten, muss die EU informiert werden. Von ihr drohen Baden-Württemberg Geldstrafen.

Hermann sieht im Kampf gegen Feinstaub alle in der Pflicht: „Da müssen alle dran, die Wirtschaft, jeder Einzelne und die Politik.“ Er setzt auf einen umweltfreundlichen Mix der Verkehrsträger, einen Ausbau von öffentlichem, Fuß- und Radverkehr sowie „Einschränkungen da und dort - aber kein Verbot.“ Zu den möglichen Einschränkungen gehört eine Busspur auf der Verbindung zwischen der Stuttgarter City und dem Wasen-Parkplatz im Stadtteil Bad Cannstatt. Für eine Art Ringverkehr durch die Stadt würde bei dreispurigen Straßen eine Spur für den Bus genutzt.

Land unter Zugzwang

Nicht nur die EU, sondern auch die Justiz setzt Stadt und Land unter Zugzwang. Nach einem Vergleich mit einem feinstaubgeplagten Bürger vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart müssen sie den Autoverkehr ab 2018 am Neckartor um mindestens 20 Prozent reduzieren. Durch den Vergleich habe ein Fahrverbot auf der Bundesstraße 14 abgewendet werden können, unterstrich Hermann.