Mit Abgasen dürften die Stuttgarter noch lange kämpfen müssen Foto: dpa

Eine neue Prognose zeigt: In Stuttgart muss noch sehr viel passieren, damit die Luftqualität den Vorgaben der Europäischen Union entspricht. Die Freien Wähler plädieren indes für ein Ringstraßensystem wie in anderen Städten.

Stuttgart - Die Einhaltung der Grenzwerte für Luftschadstoffe wird in Stuttgart im Jahr 2020 selbst dann nicht durchweg gelingen, wenn der Verkehr um rund 20 Prozent verringert werden könnte und die Fahrzeugflotte weiter modernisiert wird. Das haben das Landesverkehrsministerium und die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) am Montag eingeräumt.

Sie bezogen sich auf eine Untersuchung, mit der die Wirksamkeit von bereits umgesetzten und von möglichen neuen Maßnahmen abgeschätzt wurde.

Für die Studie wurde errechnet, dass die von der Europäischen Union vorgegebenen Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) im Jahr 2014 in Stuttgart auf fast 100 Kilometern des Hauptverkehrsnetzes überschritten wurden. Im Ballungsraum Stuttgart wären es rund 180 Kilometer. Beim Feinstaub handelte es sich um acht Kilometer in Stuttgart und rund elf Kilometer im Ballungsraum. Dabei hätten das Durchfahrtsverbot für Lkw in Stuttgart und die Maßnahmen zur Verstetigung des Verkehrsflusses die Lage schon verbessert, teilten die Behörden mit.

Ausweitung der Umweltzone

Für 2020 wird prognostiziert, dass die Modernisierung der Fahrzeugflotte, die allgemein rückläufigen Schadstoffemissionen und sinkende Hintergrundbelastung der nach Stuttgart strömenden Luft eine weitere Entspannung bringen. Dann würden die NO2-Grenzwerte in Stuttgart nur noch auf elf Kilometer Straßen überschritten, im Ballungsraum auf rund 14 Kilometern. Beim Feinstaub reduziere sich die Streckenlänge in Stuttgart auf weniger als drei Kilometer Straßen. Außerhalb des Stuttgarter Stadtgebiets werde der Feinstaubgrenzwert laut Prognose nicht mehr überschritten.

Die Untersuchung bedeute aber auch, resümierte Verkehrsstaatssekretärin Gisela Splett (Grüne), dass die Grenzwerte an mehreren Streckenabschnitten in Stuttgart auch 2020 nicht einzuhalten seien, wenn keine zusätzlichen Maßnahmen ergriffen werden. Splett: „Es genügt also nicht, die laufende Erneuerung der Fahrzeugflotte abzuwarten und die damit verbundenen niedrigeren Emissionen.“

Laut Studie rücke die Einhaltung für die allermeisten Straßenabschnitte in Stuttgart aber in greifbare Nähe, wenn man die Umweltzone Stuttgart (rund 300 Kilometer Hauptverkehrsstraßen) auf den kompletten Ballungsraum (über 700 Kilometer) erweitere, nur noch Dieselfahrzeuge der Euro-Norm 6 und Ottomotoren ab Euro-Norm 3 zulasse und den gesamten Kfz-Verkehr um ein Fünftel reduziere, sagte LUBW-Präsidentin Margareta Barth. Diese Kombination von neuen Maßnahmen sei am wirksamsten. Dann wären in Stuttgart 2020 nur noch zwei Kilometer Straßen von überhöhten Schadstoffkonzentrationen betroffen.

Wie der Verkehr um 20 Prozent zu verringern wäre, führten das Ministerium und die LUBW nicht aus.

Die Freien Wähler im Gemeinderat haben dafür einen Ratschlag. Sie fordern, durch eine Filderauffahrt und eine Nordostumfahrung ein Ringstraßensystem um die Innenstadt herum zu vollenden. OB Fritz Kuhn (Grüne) solle sich dafür mit Nachdruck einsetzen, hatte die Fraktion beantragt. Am Montag kam Kuhns Antwort: Für beide Straßen setze sich der Verband Region Stuttgart schon ein, wohingegen die Industrie- und Handelskammer sie nicht auf der Liste der vordringlichen Maßnahmen führe. Die Stadt „wird keine eigene Initiative für den Bau ergreifen“, stellte Kuhn klar.