Protest in Stuttgart. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der 43. Stuttgarter Feinstaubalarmtag in diesem Jahr war ein besonderer Tag: Umweltschützer legten im Zentrum den Verkehr lahm. Das zeigt: Eine Lösung des Problems wird immer dringlicher, meint Lokalchef Jan Sellner

Stuttgart - Inzwischen dürfte es in Stuttgart und um Stuttgart herum niemanden mehr geben, für den das Thema Luft einfach nur Luft ist. Es ist mitten in der Stadtgesellschaft angekommen. Wenn es noch eines Beweises bedurfte, wurde er am Donnerstag – am 43. Feinstaub-Alarmtag des Jahres – erbracht: Mehrere Umweltverbände und Organisationen machten ihrem Ärger hör- und sichtbar Luft. Schauplatz des Protestes: die Stadtautobahnen B 27 und B14, wo sich Stuttgarts Schadstoffproblem konzentriert. Massive Verkehrsbehinderungen waren die Folge – und Teil des Protestplans, weshalb man durchaus die Frage nach der Verhältnismäßigkeit stellen darf. Wer am Donnerstag aufs Auto angewiesen war, der sah sich in den Stau gezwungen – länger als sonst.

Die IHK hat eine Vision

Der Ärger darüber ist verständlich. Allerdings auch der Ärger derjenigen, die genug haben von dicker Luft – und das sind nicht wenige, wie am Donnerstag zu sehen war. Was allerdings nicht geht, ist, das Auto zum Feindbild zu machen, indem man einen mitgebrachten Kleinwagen öffentlichkeitswirksam zertrümmert. Unabhängig davon zeigen die Proteste, wie hoch die Dringlichkeit ist, zu Lösungen zu kommen. Unterstrichen wird dies durch die Wortmeldung der Industrie- und Handelskammer. Sie dringt auf ein neues Mobilitätskonzept jenseits von Beschränkungen, wobei die IHK feststellt, dass „Restriktionen“, sprich Fahrverbote, erst mal unvermeidlich sind, um Grenzwerte einzuhalten.

Bemerkenswert ist ihre Vision einer weitgehend verbrennungsmotorfreien City. Spinnt die IHK jetzt also auch? Hoffentlich! In Stuttgart werden gerade viele Gedanken gesponnen – die Ideen der Wirtschaft sind dabei unverzichtbar. Notwendig ist eine breite Debatte über Luft, Mobilität und zukünftiges Leben in der Stadt. Gerne darf auch der Oberbürgermeister das Wort ergreifen.

jan.sellner@stzn.de