SPD-Fraktionschef MArtin Körner, M.A.R.K.13-Geschäftsführer Holger Weiß und SPD-Stadtrat Dejan Perc (von links) mit Biene Maja und Willi Foto: Peter Petsch

Leistungsfähige Breitbandnetzwerke werden immer wichtiger. Doch daran hapert es in Stuttgart, wie viele Unternehmen aus leidvoller Erfahrung wissen. Die SPD-Fraktion fordert nun von der Stadtverwaltung einen digitalen Masterplan.

Stuttgart - Es ist eines der erfolgreichsten Animationsfilmunternehmen mit europaweiter Reputation: M.A.R.K 13 heißt die Firma, die zuletzt mit dem 3-D-Film „Ritter Rost“ bundesweit für Furore sorgte. Mitgründer und Mitgeschäftsführer Holger Weiß ist erkennbar stolz auf die Leistung seines Teams. Insgesamt 60 fest Angestellte und freie Mitarbeiter wirkten dabei mit, für Weiß allesamt „Kunst-Handwerker“.

Die Firma, benannt nach einem südafrikanischen Untergrundfilm, wurde 1999 von ehemaligen Studenten der Filmakademie ins Leben gerufen. Neben „Mickey-Mouse“-Spots für den damals noch in Leinfelden-Echterdingen ansässigen Ehapa-Verlag drehte man Musikvideos für Rapper Thomas D. ( „Rückenwind“) oder für Rammstein. Das Domizil befindet sich in der Hohenzollernstraße in Stuttgart unterhalb der Karlshöhe, eine Art Außenstelle ist das Animationsstudio in der Theodor-Heuss-Straße. Dort wurden auch die meisten Arbeiten für das aktuelle Filmprojekt getätigt: „Die Biene Maja“. Bundesweiter Start des Streifens – mit den Stimmen von Nina Hagen, ihrer Mutter Eva-Maria und ihrer Tochter Cosma-Shiva – ist am 11. September, zwei Tage davor gibt’s die Preview in Stuttgart.

In Stuttgart fehlt das Glasfasernetz

Die Animationsfilmer arbeiteten dabei mit dem Höchstleistungsrechenzentrum der Universität Stuttgart zusammen. Kurios allerdings: zumeist nicht übers Internet. Denn es fehlt ein leistungsfähiges Glasfasernetz, das den Transfer dieser „gigantischen Datensätze“ ermöglicht, so Weiß: „Doch zum Glück gibt es ja ganz in der Nähe der Theodor-Heuss-Straße die S-Bahn.“ Ein Mitarbeiter ließ sich also oft von der Stadtmitte aus die acht Minuten hinauf zur Uni kutschieren, wo die mitgebrachte Festplatte am Superrechner eingesteckt wurde.

Dass etliche regionale Firmen auf diese Rechnerkapazitäten zurückgreifen können, findet auch der neue SPD-Fraktionsvorsitzende Martin Körner hervorragend. „Dadurch entwickelt sich ein immenser Wettbewerbsvorteil.“ Ein erheblicher Nachteil allerdings sei das fehlende leistungsfähige Glasfasernetz. Stattdessen sei der Datentransfer aktuell häufig „nur offline zu Fuß oder per S-Bahn mit dem Datenträger in der Hand möglich“, wie eben bei M.A.R.K. 13. Das sei, so Körner, „als würden Sie eine E-Mail schreiben, diese ausdrucken und dann per Post an den Empfänger schicken.

Oder, noch treffender, der Spruch in Bezug auf den Bienen-Film (über dessen Thematik Körner wegen seiner vierjährigen Tochter bestens im Bilde ist): „Die Biene Maja sammelt fleißig und schnell den Honig, während der behäbige Willi dafür zuständig ist, ihn in den Bienenstock zu transportieren. Ein Dilemma für alle fleißigen Unternehmerbienen in Stuttgart“, sagt der 44-Jährige, der Weiß kürzlich an der Uni kennenlernte.

Die mit Kupferleitungen mögliche Geschwindigkeit sei „der beschränkende Flaschenhals“, so Körner. Er verweist zudem auf die zahlreichen Architekten in Stuttgart, an Ingenieurdienstleister oder Produktdesigner, die auf leistungsfähige Breitbandverbindungen angewiesen sind, mit denen sich mindestens ein Gigabyte pro Sekunde versenden lasse. Nur so könnten diese Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben.

Ritter Rost und Wickie, der Wickinger

Im Übrigen seien für ansiedlungswillige Unternehmen leistungsstarke digitale Netze das wichtigste Kriterium, ob sie sich im deutschen und internationalen Wettbewerb überhaupt für die baden-württembergische Landeshauptstadt entscheiden. „Wenn Stuttgart hier nicht Gas gibt, fällt es bei zukunftsträchtigen Branchen und Technologien zurück und verliert Arbeitsplätze.“

Damit diese pessimistische Prognose nicht eintrifft, hat die SPD-Fraktion am Donnerstag einen Antrag eingereicht. Demnach soll die städtische Wirtschaftsförderung einen digitalen Masterplan erstellen. So könne Stuttgart als attraktiver Wirtschaftsstandort insgesamt und speziell als Standort für die Animation, visuelle Effekte, Simulation und Visualisierung gestärkt werden. Ziel müsse die flächendeckende Verkabelung mit Glasfaser sein. Als neue Glasfaseranbieter kämen die kommunalen Stadtwerke in Betracht.

Ähnliche Modelle mit Stadtwerken wurden in Köln und München bereits umgesetzt. Nun müsse das Thema auch in Stuttgart „auf die Agenda kommen“, so Körner. Zur Frage, wieso die Rathausbeamten bei diesem Thema bisher eher zurückhaltend waren, sagt Körner: „Manchmal muss man eine Stadtverwaltung eben zum Jagen tragen, aber das ist ja unser Job als Fraktion.“

Bei M.A.R.K. 13 wäre man jedenfalls froh über einen baldigen digitalen Fortschritt. Denn nach „Ritter Rost“, der Mitte 2015 auch im Fernsehen zu sehen sein wird, und der Biene ist bereits das nächste Großprojekt angelaufen: „Wickie, der Wikinger“ als Kinofilm. Auf dass nicht erneut die S-Bahn herhalten muss, um wichtige Daten über die skandinavischen Piraten zu transportieren.