An Ehrungen mangelt es Federico Rapino nicht. Aber darauf kommt es dem italienischen Schwaben nicht an. Foto: Tilman Baur

Stuttgart gilt heute als ein Vorbild für Integration. Das hat die Stadt auch Federico Rapino aus Degerloch zu verdanken. Er setzt sich seit Jahren fürs Miteinander ein.

Degerloch - Für Federico Rapino sind Ehrungen nichts Neues. Auf seinem Esszimmertisch an der Freischützstraße hat er einen dicken Stapel an laminierten Dokumenten und Urkunden ausgebreitet, die seiner Arbeit Anerkennung zollen. Trotzdem freut er sich aufrichtig über das silberne Band des Deutschen Städtetags, das ihm kürzlich beim Degerlocher Ehrenamtsempfang verliehen wurde.

Spenden für Erdbebenopfer

Ob Spendensammeln für das erdbebengeplagte L’Aquila – Rapino stammt aus der Region – Freizeitprogramme für Kinder oder Aktionen gegen die Gettoisierung von Einwanderern: Er war und ist ein umtriebiger Geist. „Es liegt wohl an der Erziehung, dass ich mich immer für andere Menschen einsetzen wollte“, sagt der studierte Theologe, der vor 52 Jahren nach Stuttgart kam und als Dolmetscher beim Fernmeldeamt arbeitete. Sein größtes Verdienst ist die Gründung des italienischen Elternvereins, der Gastarbeitern bei der Integration in ihre neue Heimat half. Dem Entschluss zur Vereinsgründung 1978 gingen konkrete Ereignisse voraus. „Die Eltern der Einwanderer waren oft überfordert und hilflos“, erzählt er. „Die Väter arbeiteten lang und sprachen die Sprache nicht, die wirtschaftliche Lage war schwierig.“ Weil die Kinder sprachlich nicht gefördert wurden, brachten sie schlechte Schulnoten nach Hause. Die Direktoren schickten sie geradewegs in die Sonderschule – in totaler Verkennung des Potenzials, das viele mitbrachten.

„Das war unfair. Die schlechtesten Schüler wurden einfach auf die Sonderschule geschickt, da gab es eine feste Quote“, erinnert sich der 75-jährige, der seit 28 Jahren als Sachverständiger für Einwanderung und Integration im Degerlocher Bezirksbeirat sitzt. Auch Diskriminierung war an der Tagesordnung. So sahen es viele Deutsche nicht gern, wenn ihre Kinder mit Italienern im Kindergarten spielten. Integration war ein Fremdwort. „Höchstens die Sportvereine haben sich ein bisschen um die Ausländer gekümmert, aber das war es.“

Hilfe für alle Nationalitäten

Der Elternverein organisierte zunächst Sprachkurse. Und siehe da: In wenigern Jahre wurden aus Sonderschülern Realschüler und Gymnasiasten. Rapinos Engagement war nicht nur Italienern vorbehalten. „Griechen, Spanier, Portugiesen oder Türken, wir haben uns für alle eingesetzt.“

Über die Jahre hat sich der Verein im Verbund mit anderen ausländischen Interessenvertretern eine Lobby erarbeitet. Heute sei die fast überflüssig, sagt Rapino. In Ämtern, Unternehmen und sogar im Landtag hätten sich Ausländer oder deren Kinder ihren Platz erobert. Im muffigen Stuttgart der Sechzigerjahre seien solche Verhältnisse unvorstellbar gewesen. „Heute ist Stuttgart eine internationale Stadt.“ Deshalb sieht er die Flüchtlinge als Bereicherung. Die würden sich integrieren, das sei nur eine Frage der Zeit. „Es wird genauso laufen wie mit uns damals“, sagt er.

Im August hat er in Italien seinen 75. Geburtstag gefeiert. Viele Stuttgarter waren dabei. Sein Engagement geht weiter. „Viele dachten schon, ich höre auf, weil mein Sohn Falco jetzt auch im Bezirksbeirat sitzt“, sagt Rapino. Der, so stellt der Vater lachend klar, ist aber fürs Erste nur sein Stellvertreter.