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Union und FDP wollen die Lage von Hartz-IV-Empfängern deutlich verbessern. Das Vermögen der Langzeitarbeitslosen soll besser vor dem Zugriff des Staates geschützt werden.

Berlin - Union und FDP wollen die Lage von Hartz-IV-Empfängern deutlich verbessern. Zehn Tag nach Beginn der Verhandlungen verständigte sich die große Koalitionsrunde am Mittwoch damit auf die ersten großen schwarz-gelben Reformvorhaben. Das Vermögen der Langzeitarbeitslosen soll besser vor dem Zugriff des Staates geschützt und die Zuverdienstmöglichkeiten von Hartz-IV- Empfängern erweitert werden. Dennoch bleiben auch nach dieser Runde der Umfang an Steuerentlastungen und der Kurs in der Gesundheit- und Sicherheitspolitik strittig.

Ob auf der Klausurtagung am Wochenende alle Sachfragen gelöst werden können, ist fraglich. Nach dpa-Informationen peilen die Verhandlungspartner für einen Abschluss mittlerweile den 23. Oktober an.

Wie die Generalsekretäre Ronald Pofalla (CDU), Alexander Dobrindt (CSU) und Dirk Niebel (FDP) mitteilten, soll das sogenannte Schonvermögen auf 750 Euro pro Lebensjahr verdreifacht werden. Damit werden Langzeitarbeitslose weniger als bisher gezwungen sein, zunächst ihr Vermögen aufzubrauchen, ehe sie Hartz-IV-Leistungen erhalten.

Bisher sind nur Vermögenswerte von 250 Euro pro Lebensjahr geschützt. Künftig muss ein Langzeitarbeitsloser erst ein Vermögen oberhalb von 48.750 Euro "anknabbern". Selbst genutzte Immobilien sollen künftig komplett vom Zugriff des Staates freigestellt werden. Die Staatskasse wird dadurch nach Berechnungen der Parteien mit 300 Millionen Euro belastet.

Darüber hinaus sollen Hartz-IV-Empfänger künftig mit 400-Euro-Jobs oder anderen Tätigkeiten mehr Geld als bisher dazuverdienen dürfen. "Arbeit muss sich wieder lohnen", erklärte Niebel. Hier nannten die künftigen Koalitionäre aber keine genauen Summen. In Koalitionskreisen wurde darauf hingewiesen, dass die Festlegung der neuen Grenzen ein komplizierter Vorgang sei. Dies werde dem neuen Arbeitsminister überlassen.

Mit den vereinbarten Maßnahmen beseitige man "fundamentale Ungerechtigkeiten" bei Hartz IV, sagte Pofalla. "Diejenigen, die fleißig sind und sparsam sind, die sollen durch das Hartz-IV-System nicht bestraft werden." Die Gesamtkosten für die Staatskasse bezifferte Pofalla mit 300 Millionen Euro.

FDP-Chef Guido Westerwelle zeigte sich mit dem Verlauf der dritten Beratung zufrieden. "Sie sehen, wir kommen gut voran und wir lösen das ein, was wir vor der Wahl versprochen haben." Gemeinsam mit der CDU-Vorsitzenden und Kanzlerin Angela Merkel sowie CSU-Chef Horst Seehofer hatte er die Sitzung geleitet.

Trotz der angespannten Haushaltslage bleiben niedrigere Steuern eines der Hauptziele von Union und FDP. "Ich bin sicher, wir werden Steuersenkungen vereinbaren", betonte Niebel. Pofalla ergänzte, der Umfang der Steuersenkungen werde auf der Klausurtagung am kommenden Wochenende vereinbart. FDP-Vize Andreas Pinkwart hatte vor der Sitzung wieder eine Senkung des Kinderfreibetrags und eine Anhebung des Kindergelds ins Gespräch gebracht.

Die Koalitionsverhandlungen gehen aber voraussichtlich deutlich über das kommende Wochenende hinaus. "Unsere Planungen gehen bis voll in die nächste Woche", sagte Pofalla. Die stellvertretende FDP- Fraktionschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger forderte unterdessen mehr Kompromissbereitschaft seitens der Union: "Wenn man die Koalition will, dann muss man auch aufeinander zugehen."

Die Umweltpolitiker von Union und FDP verständigten sich unterdessen darauf, dass das niedersächsische Salzbergwerk Gorleben sofort als mögliches Atommüll-Endlager erkundet und der von Rot-Grün verhängte Erkundungsstopp aufgehoben wird. "Eine verantwortungsvolle Nutzung der Kernenergie bedingt auch die sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle", heißt in einer Vereinbarung der Umwelt- Arbeitsgruppe.

Eine Verständigung gab es ferner beim Mietrecht, wo man stärker gegen so genannte Mietnomaden vorgehen will. Angeblich einigten sich beide Seiten, dass Räumungsurteile künftig schneller vollstreckt werden können. Als Mietnomaden werden Menschen bezeichnet, die von einer Wohnung in die andere ziehen, keine oder nur teilweise Miete zahlen und die Wohnungen oft in verwahrlostem Zustand hinterlassen.