Viel zu sehen gibt es derzeit nicht auf der Homepage der Degerlocher FDP. Die Stadtgruppe muss sich erst einmal sortieren. Foto: Screenshot

Der Liberale Peter Hönig verabschiedet sich aus der Degerlocher Lokalpolitik. In der örtlichen FDP reißt er ein Loch. Und das in schweren Zeiten für die Partei. Seine Nachfolgerin Gabriele Reich-Gutjahr ist dennoch guter Dinge.

Degerloch - „Was verbinden Sie mit der FDP?“, fragt Gabriele Reich-Gutjahr, die Vorsitzende der FDP-Stadtgruppe Degerloch. Wer nicht zu den 7,5 Prozent in Degerloch gehört, die bei der Gemeinderatswahl im Mai dieses Jahres der FDP ihre Stimme gegeben haben, oder vielleicht sogar zu den 5,2 Prozent, die die Liberalen in dem Stadtbezirk seit den Wahlen 2009 verloren hat, dem wird wahrscheinlich nicht viel Positives einfallen. Die Freie Demokratische Partei steht an einem Scheidepunkt und muss sich neu sortieren, an der Spitze wie an der Basis.

Gabriele Reich-Gutjahr Foto: Blohmer
Das trifft auf die Stadtgruppe Degerloch doppelt zu: Dort wird mit einem Festakt am 23. Oktober der langjährige Vorsitzende der FDP-Stadtgruppe und Bezirksbeirat Peter Hönig verabschiedet (siehe Infobox). Eigentlich wollte der 79-Jährige sein Amt schon länger „in jüngere Hände legen“, wie er sagt. Aber es sei schwierig gewesen, in Degerloch einen Nachfolger zu finden, oft zogen potenzielle Kandidaten weg. Nach der Schlappe für die FDP bei der Bundestagswahl und ihrem daraus resultierenden Auszug aus dem Bundestag im vergangenen Jahr schob Hönig seinen Abschied aus der Kommunalpolitik noch einmal auf: „Sonst hätten die Kritiker gesagt: ‚Ah, jetzt geht auch noch der Hönig, der FDP muss es wirklich schlecht gehen.‘“

Eine Persönlichkeit verlässt die Kommunalpolitik

In der Tat verlässt mit Hönig eine Persönlichkeit die Kommunalpolitik. Insgesamt 19 Jahre war der Studienprofessor Bezirksbeirat in Degerloch, 20 Jahre lang war er Vorsitzender der Stadtgruppe, mit einer Unterbrechung 25 Jahre Mitglied des Stuttgarter Gemeinderats und darüber hinaus in zahlreichen Vereinen und Gesellschaften aktiv. Die örtliche FDP muss sich also nicht nur fragen, mit welchem Profil sie Wähler (zurück)gewinnen will, sondern auch, welches Personal die Botschaft vermitteln kann.

Gabriele Reich-Gutjahr, die Hönig im August beerbt hat, ist sich dessen bewusst: „Wie sagt man so schön: ‚Menschen kaufen Menschen.‘ Die Wahl einer Partei geschieht ja heute eher situativ, und es wird sich zeigen, wie wir es hinkriegen, die zu gewinnen, die liberal denken.“ Sich Strategien für die, wie die selbstständige Geschäftsführerin es nennt, „Verjüngung und Vernetzung der FDP“ zu überlegen, fällt in Degerloch nun vier Personen zu: der dynamischen Vorsitzenden, ihren Stellvertretern Hannes Dolmetsch und Thilo Roßberg, der Bezirksbeirat ist, und dessen Stellvertreter Martin Kohler.

FDP will mit passiven Mitgliedern ins Gespräch kommen

Dass das nicht einfach wird, weiß Reich-Gutjahr: „Ich habe im Moment noch keine Antwort darauf, wie wir die Leute wieder begeistern können.“ Zu den zahlreichen Veranstaltungen, die die FDP organisiert, komme trotz allgemeiner Themen niemand außer den eigenen Mitgliedern. Doch die 57-Jährige ist sich sicher, dass die Partei nicht zerfällt – „wenn jeder mitmacht und wir dahin gehen, wo die Leute sind“. Es gelte erst einmal, mit den passiven Mitgliedern wieder ins Gespräch zu kommen, denn von den 36 kämen nur zehn regelmäßig zu den Treffen der Stadtgruppe. Dennoch sind diese Treffen laut Reich-Gutjahr keine Trauerveranstaltungen. „Natürlich gab es viele Klagen über das, was ganz oben falsch gemacht wurde. Aber jetzt ist die Gelegenheit, uns neu zu sortieren“, sagt sie.

Gabriele Reich-Gutjahr ist überzeugt von der liberalen Idee, „für möglichst viele Menschen einen Rahmen für ihre freie Entfaltung zu schaffen“. Und sie strahlt diese Überzeugung aus. Nicht umsonst hat Peter Hönig seiner ehemaligen Nachbarin zugeredet, sich bei den Gemeinderatswahlen 2009 auf die FDP-Liste setzen zu lassen. „Ich bin mir sicher, die neue Mannschaft in Degerloch bringt’s hin“, sagt er und freut sich, „nur noch normales Mitglied“ zu sein.