Gegen den Eigentümer des Hauses an der Stuttgarter Straße wird wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr ermittelt. Foto: Thomas Krämer

Kaum zu glauben: Weil die Fassade von einem Haus an der Stuttgarter Straße in Filderstadt gebröckelt ist, ist ein Motorradfahrer gestürzt. Dieser Zwischenfall hat Konsequenzen für den Hauseigentümer – und den Motorradfahrer...

Filderstadt - Doppeltes Pech hatte ein Motorradfahrer, der am Samstagmorgen gegen 1.30 durch Plattenhardt fuhr. Dem 27-jährigen Kawasaki-Fahrer aus Neuhausen fehlte nicht nur – wie die Polizei später feststellte – eine gültige Fahrerlaubnis, sondern auch die Bodenhaftung. Er kam auf der Stuttgarter Straße auf Höhe der Bushaltestelle „Kronenbrunnen“ zu Fall. Grund für den Unfall war, dass sich Teile der Fassade von der Hauswand des Gebäudes mit der Nummer 6 an der Stuttgarter Straße gelöst hatten und auf die Straße gefallen waren.

Das Haus war sowieso kein Schmuckstück

Dass das Gebäude nicht gerade zu den Filderstädter Schmuckstücken gehört, dürfte jedem Passanten aufgefallen sein, der in der Vergangenheit einmal einen Blick darauf geworfen hat. Risse im Putz waren schon vor dem Unglück am Wochenende deutlich zu sehen, im Giebel fehlen Fensterscheiben und von den Fensterrahmen blättert die Farbe ab. Nun klafft also neuerdings eine riesige Wunde an der Front. Steine und Holzbalken liegen blank, ein Holzbrett klebt wie ein Pflaster über der vermutlich schlimmsten Stelle. Und am Rand sind noch die Reste jenes Geflechtes zu sehen, das den Putz hätte halten sollen.

Nach dem Unfall in der Nacht auf Samstag war nicht nur die Polizei, sondern auch die Freiwillige Feuerwehr Filderstadt mit einem Löschfahrzeug aus Plattenhardt vor Ort, nachdem sie von der Polizei zu Hilfe gerufen worden war. „Auf der Straße und dem Gehweg lagen bis zu zehn Zentimeter große Teile der Fassade“, sagt der Stadtbrandmeister Jochen Thorns, der persönlich an der Unfallstelle gewesen ist.

Auch ein Statiker – ebenfalls ein Feuerwehrmitglied – wurde noch in der Nacht hinzugezogen, um die Standsicherheit des Hauses in Augenschein zu nehmen. Diese sei nicht gefährdet, so dessen Urteil. Allerdings würde die Fassade eine Gefahrenquelle darstellen, bescheinigte er. Schließlich habe sich zwischen der Trägermatte und der Putzschicht ein Zwischenraum von bis zu sieben Zentimetern gebildet. „Normalerweise ist da keine Luft dazwischen“, sagt Thorns. Nach Rücksprache mit dem Eigentümer wurden rund neun Quadratmeter loser Putz von der Feuerwehr kostenpflichtig abgetragen.

Die Bushaltestelle musste verlegt werden

Die Bushaltestelle ist zurzeit ein paar Meter weiter in Richtung Stetten verlegt, der Gehweg abgesperrt. Das bedeutet auch, dass Busfahrgäste die Ampel an der viel befahrenen Kreuzung nicht mehr für ihren Weg zur Haltestelle nutzen können.

„Man konnte von außen nicht erkennen, ob der Putz hohl oder fest ist“, sagt Reinhard Molt. Das Gebäude sei jedoch nicht einsturzgefährdet, sagt der Filderstädter Baubürgermeister. Er sprach von einem großen Glück, dass der Putz mitten in der Nacht heruntergefallen sei und nicht tagsüber. Denn direkt am Gebäude liegt eben jene gut frequentierte Bushaltestelle „Kronenbrunnen“.

Das bröckelnde Gebäude in Plattenhardt sei ein Einzelfall

Ursache für die abbröckelnde Fassade des aus dem 17. Jahrhundert stammenden, nicht unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes sind nach Worten der städtischen Presssprecherin Ellen Schweizer „eine allgemein schlechte Bausubstanz sowie eine mangelhafte Wartung“. Das für solche Fälle zuständige Baurechtsamt habe den Eigentümer bereits darauf hingewiesen, dass er das Gebäude unverzüglich instand setzen müsse. „Uns ist nicht bekannt, dass von weiteren Häusern in Filderstadt eine solche Gefährdung ausgeht“, ergänzt die Stadt-Sprecherin.

Der Fassaden-Unfall in Plattenhardt wird Konsequenzen haben. Zum einen wird nach Auskunft der Polizei gegen den 59-jährigen in Leinfelden-Echterdingen lebenden Gebäudeeigentümer wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr ermittelt. Zum anderen muss sich der verunglückte Motorradfahrer wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verantworten. Der Sachschaden am Motorrad beläuft sich nach Polizeiangaben auf rund 250 Euro.