...und beim Verein Tigre Vermelho im Römerkastell Foto: Christian Hass Stuttgart

Klassische Prunksitzung mit Tanzmariechen, Gardetanz und Büttenreden, Faschingsball mit Künstlerprogramm und Tanzrunden oder brasilianische Samba-Party – das Publikum hatte am Wochenende die Qual der Wahl.

Stuttgart - Mit gleich fünf großen Faschingsveranstaltungen hat der Fasching in der Landeshauptstadt am Wochenende vor dem großen Faschingsumzug am Dienstag durch die Innenstadt eindeutig den Höhepunkt erreicht.

Tanz der Schwarzen Störche

Den Auftakt machte bereits am Freitagabend die Gesellschaft Schwarze Störche in der Sängerhalle Untertürkheim. Weil der vergleichsweise kleine, aber dafür umso fröhlichere Verein über keine eigenen Tanzgarden verfügt, leben seine Bälle von den Darbietungen der Gastgesellschaften mit Tanzgarden und Tanzmariechen. Das ist zwar gut fürs Programm, hat aber für die Vereinskasse der Schwarzen Störche einen Nachteil: Das Publikum besteht nur zu rund 20 Prozent aus zahlenden Gästen, der Rest sind Repräsentanten und Darsteller der Gastvereine. Die wenigen Nichtkarnevalisten in der Sängerhalle erlebten jedoch ein schwungvolles Programm mit dem geheimnisvollen Hexentanz der Neckarweihinger Mistelhexen mit ihren geschnitzten Holzmasken. Zu später Stunde heizte das ehemalige Stadtprinzenpaar der Gesellschaft Möbelwagen, Tina und Jens, dem Publikum mit Schlagern ein. Ein Höhepunkt war der Auftritt der Showtanzgruppe „Schräge Vögel – Flotte Amseln“ der Karnevalsfreunde Esslingen mit ihrem Programm „Cabaret“ nach dem gleichnamigen Spielfilm mit dem US-Star Liza Minelli. „Wir verbinden authentische Solonummern mit Playback. Wir haben uns als Eltern von tanzenden Gardemädchen gegründet, weil wir etwas zum Fasching beitragen wollten. Mittlerweile tanzen viele unserer Töchter nicht mehr, aber wir sind immer noch dabei und studieren jedes Jahr ein neues Programm ein“, sagt Martina Eckl, Präsidentin der Karnevalsfreunde.

Prunksitzung auf der Waldau

Piraten, Teufel, Matrosen, Cowboys und Indianer, Kapitäne und Zauberer gaben sich bei der Prunksitzung der Gesellschaft Möbelwagen im SSB-Zentrum Waldau in Degerloch ein Stelldichein. Beim Bühnenprogramm mit dem singenden Stadtprinzenpaar Hagen I. und Prinzessin Janine I. zu Stutengarten sowie der Travestie-Künstlerin Fräulein Wommy Wonder dominierten Tanzgarden, Tanzmariechen und Büttenreden. Als Hausmeister Theo erheiterte Theo Pfeffinger das Publikum mit Faschingshumor: „Meine Frau ist gerade beleidigt. Sie wollte hundert Euro von mir für den Kosmetiker. Ich habe ihr 200 Euro gegeben. Im Moment sitzt sie vor dem Radio, weil sie gehört hat, dass die Radiohörer 30 Prozent abnehmen.“ Auch die Bundeskanzlerin bekam von Pfeffinger ihr Fett ab: „In der Region gibt es einen neuen Spendenskandal. Unser Ministerpräsident hat Angela Merkel 50 Euro für den Friseur gespendet, und kein Mensch weiß, wo das Geld geblieben ist.“

Rössle traben in Feuerbach

Im Durchschnitt deutlich jünger als bei der Gesellschaft Möbelwagen war das Publikum bei den Stuttgarter Rössle in der mit rund 300 Gästen ausverkauften Turn- und Festhalle Feuerbach. „Wir bieten den klassischen Faschingsball mit Programm, darunter Künstler wie Fräulein Wommy Wonder, aber auch viel Tanz und seit letztem Jahr eine Party nach dem Programm. Das ist unser Erfolgsrezept. Deshalb sind wie auch für 25- bis 35-Jährige und nicht nur für Senioren attraktiv“, sagt Vereinsvize Andreas Goil. Die Werbung in Facebook mit mittlerweile 600 Followern trage außerdem Früchte. Das wirkt sich positiv auf die Tanzgarden mit insgesamt 30 Tänzerinnen aus. „Die Kinder und ihre Eltern kommen schon von selbst auf uns zu. Allein in der Kindergarde sind schon 16 Mädchen“, freut sich Goil.

Kursaal als Markthalle

Ähnlich wie die Rössle verfuhr die Cannstatter Narrenzunft Kübelesmarkt im übervollen Kursaal: zwei kurze Programmblöcke mit Tanzgarden, Tanzmariechen und Maskentanz, der Rest des Abends Schwof zu Rock, Pop und Faschingsschlagern. Wie beim ersten Küblerball anno 1925 hatte der Verein den Kursaal mit Marktständen, die der Bewirtung dienten, dekoriert. Die Mischung aus Dekoration, Kurzprogramm und zeitgenössischer Musik kam beim Publikum gut an. „Das Programm war sehr schön, aber wir sind hier, um abzurocken und Party zu feiern“, sagten die Stuttgarterinnen Susanne Kablaki und Regina Sattler.

Samba für den guten Zweck

Mit mittlerweile rund 1350 Gästen ist der Carnaval dos Tigres in der Phönix-Halle im Römerkastell inzwischen zum Faschings-Selbstläufer geworden. Nicht nur für die lateinamerikanische Gemeinde aus der ganzen Region ist der Karneval der Tiger ein fixer Termin im Festkalender. Auch deutsche Liebhaber südamerikanischer Rhythmen kommen auf ihre Kosten. Im Vordergrund standen in diesem Jahr die brasilianische Live-Band Aba Brasil und zwei brasilianische DJs. Wer keine Samba mochte, konnte in einem anderen Bereich auf Rock und Pop ausweichen. Wie immer unterstützt der 1991 gegründete Verein „Tigre Vermelho – Freundeskreis zur Förderung der Kultur Brasiliens“ mit dem Erlös des Balls soziale Projekte in Brasilien und in der Region Stuttgart. „Unter anderem haben wir einen Kindergarten in Brasilien aufgebaut, die Krebsnachsorge, die Giovane-Elber-Stiftung und Schlupfwinkel Stuttgart unterstützt. Uns geht es meist um obdachlose oder vernachlässigte Kinder und Jugendliche“, sagt Vorstandsmitglied Sascha Triemer. Allein in den Jahren 2013 bis 2015 seien dafür insgesamt mehr als 50 000 Euro zusammengekommen.