Das Familiendrama von Nellingen beschäftigt die Richter. Foto: dpa

Etwa neun Monate nach dem brutalen Familiendrama auf der A8 bei Nellingen in der Nähe von Ulm steht der Prozess vor dem Abschluss. Wenn es nach der Anklage geht, droht der Mutter eine mehrjährige Haftstrafe.

Ulm - Im Totschlagsprozess um das Familiendrama an der A8 soll eine 36-jährige Mutter nach Forderung der Anklage für neun Jahre in Haft. „Wir haben es hier mit einer erschütternden Tragödie zu tun, bei der es von Anfang an nur Verlierer geben konnte“, sagte Oberstaatsanwalt Rainer Feil am Mittwoch vor dem Landgericht Ulm. Der Verteidiger der depressiven Frau forderte eine Haftstrafe von sechs Jahren. Beide Parteien beantragten eine Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik.

Die Tat erschütterte das ganze Land: Die Mutter tötete im Oktober 2014 nahe der A8 bei Nellingen (Alb-Donau-Kreis) mit einem Küchenmesser ihre elfjährige Tochter und verletzte ihren damals zweieinhalb Jahre alten Sohn lebensgefährlich. Sie stach mehrfach auf ihre schlafenden Kinder ein. Danach versuchte sie sich selbst umzubringen - zuerst verletzte die 36-Jährige sich laut Anklage mit dem Messer, dann wollte sie sich auf der Autobahn überfahren lassen. Die Frau gestand die Tat beim Prozessauftakt. „Ich wollte einfach sterben und wollte meine Kinder nicht alleine lassen“, sagte sie damals.

Frau hatte Wahnvorstellungen

Anklage und Verteidigung gehen davon aus, dass Wahnvorstellungen der Mutter zur Tragödie an der A8 führten. Ihr Mann tötete laut Anklage 2013 in der Schweiz einen Dealer und kam ins Gefängnis. Danach beschlich die Frau mehr und mehr das Gefühl, für die Tat mitverantwortlich gemacht und verfolgt zu werden. „Es handelt sich um eine eindeutig psychisch kranke Täterin“, befand Oberstaatsanwalt Feil. Auch ein Gutachter bestätigte im Prozess eine psychische Krankheit der 36-Jährigen möglicherweise bis hin zu einer schizophrenen Psychose. Seit der Tat ist sie in einem psychiatrischen Krankenhaus.

Staatsanwaltschaft wie Verteidigung betrachten die Mutter als erheblich vermindert schuldfähig. „Sie hat zum vermeintlich Besten ihrer Kinder gehandelt“, sagte Feil. Deshalb handle es sich nicht um Mord, sondern um Totschlag. „Sie leidet selbst vermutlich am meisten“, sagte Feil. Der Meinung war auch der Verteidiger: „Meine Mandantin ist bestraft genug“, sagte Ingo Hoffmann. „Das ist die Geschichte einer familiären Apokalypse, die im Inferno endete.“