Ulvi K. im Gerichtssaal Foto: dpa

Ulvi K. hat eine Tat zugegeben, die er vermutlich nie begangen hat: Den Mord an der kleinen Peggy. Vernehmungsprotokolle legen den Verdacht nah, dass die Ermittler dem geistig behinderten Mann seine Aussagen geradezu in den Mund legten.

Ulvi K. hat eine Tat zugegeben, die er vermutlich nie begangen hat: Den Mord an der kleinen Peggy. Vernehmungsprotokolle legen den Verdacht nah, dass die Ermittler dem geistig behinderten Mann seine Aussagen geradezu in den Mund legten.

Bayreuth - Im neuen Prozess um den Mord an der neun Jahre alten Peggy wachsen die Zweifel am Wahrheitsgehalt eines früheren Geständnisses des Angeklagten. Dem geistig Behinderten Ulvi K. sollen von den Ermittlern mehrere Angaben regelrecht in den Mund gelegt worden sein.

Vor dem Landgericht Bayreuth las Beisitzer Jochen Götz am Dienstag einem Vernehmungsbeamten knapp ein Dutzend Passagen aus alten Verhörprotokollen vor: Einer der Ermittler hatte sich etwa an Ulvi K. gewandt und ihm erzählt, „was ich an Ihrer Stelle in dieser Situation gemacht hätte“.

Peggy war am 7. Mai 2001 im oberfränkischen Lichtenberg spurlos verschwunden. Eine Leiche wurde nie gefunden. Als ihr Mörder wurde im April 2004 Ulvi K. verurteilt. Er hatte die Tat im Juli 2002 zugegeben. Sein Geständnis war der Tatrekonstruktion der Ermittler verblüffend ähnlich, was aber erst Jahre nach seiner Verurteilung bekanntwurde - deshalb muss der Fall neu aufgerollt werden.

Zum Zeitpunkt des Geständnisses hatte Angeklagter geistigen Stand eines Zehnjährigen

Während eines Verhörs vor zwölf Jahren sagte ein Beamter zu Ulvi K.: „Soll ich Ihnen mal sagen, was ich glaube.“ In mehreren Fällen übernahm Ulvi K. die Vermutungen der Beamten dann in seine Aussage. „Ich hatte den Eindruck, er wollte unsere Erwartungshaltung bedienen“, sagte ein Beamter am Dienstag. Er berichtete von „teilweise sehr widersprüchlichen“ Angaben des Angeklagten. Ulvi K. legte letztendlich vier unterschiedliche Geständnisse ab.

Ulvi K. habe weder richtig lesen noch schreiben können. Auch mit Jahreszahlen und Zeitangaben habe er Probleme gehabt. „Für ihn dauerte alles immer zehn Minuten, ohne zu wissen, wie lange diese Zeitspanne tatsächlich ist“, sagte der Polizeihauptkommissar.

Dass es vom ersten Geständnis lediglich ein Gedächtnisprotokoll gibt, begründete der Beamte damit, dass Ulvi K. die Aussage überraschend gemacht habe. „Er sollte nach dem Verhör schon wieder ins Bezirkskrankenhaus zurück gebracht werden und vertraute sich dann plötzlich dem Beamten an, der ihn fahren sollte.“ Da seien Mikrofon und Diktiergerät schon abgebaut gewesen.

Später widerrief Ulvi K. sein Geständnis. Ein anderer Ermittler sagte dem Gericht am Dienstag: „Dem Gedächtnisprotokoll habe ich keine große Bedeutung zugemessen. Als Mordermittler brauche ich Sachbeweise, brauche ich eine Leiche.“

Verteidiger: Mandant leicht beeinflussbar

Der Verteidiger Michael Euler hatte zum Prozessauftakt am vergangenen Donnerstag betont, sein Mandant sei leicht beeinflussbar und könne auch Lügengeschichten mit großer Fantasie ausschmücken. Ulvi K. habe gestanden, weil ihn die Ermittler unter Druck gesetzt hätten.

Nach einem Gutachten aus dem Jahr 2003 befand sich der Angeklagte zum damaligen Zeitpunkt auf dem geistigen Stand eines zehn Jahre alten Kindes. Ein Gutachter, der die Glaubwürdigkeit von K.’s Geständnis bewerten soll, konnte am Dienstag seinen Bericht nicht mehr präsentieren. Das Gutachten soll nun am 6. Mai vorgestellt werden.