Ein Goldbarren: Gold ist gerade in schwierigen Zeiten bei Anlegern gefragt, doch das Edelmetall sinkt in der Gunst der Investoren Foto: fotolia

Gold gilt als Krisenwährung, auch in Europa. Trotz des monatelangen Gerangels mit Griechenland und einer Zerreißprobe für die Euro-Zone ist der Goldpreis seit Monaten auf Talfahrt. Die Aussichten sind mäßig, sagen Experten. Dazu die wichtigsten Fragen und Antworten.

Warum ist der Goldpreis eingebrochen?

Händler in Europa und in Amerika wurden zu Wochenbeginn von der Entwicklung in Asien überrascht. In Schanghai hatten Spekulanten Gold in großen Mengen verkauft. Dort soll allein ein Investor innerhalb von Minuten fünf Tonnen Gold abgestoßen haben. Normalerweise werden pro Tag insgesamt etwa 25 Tonnen gehandelt. Zudem hatte die chinesische Notenbank Ende vergangener Woche ihre Goldreserven viel weniger stark erhöht als Experten erwartet hatten. Dies alles löste auch in Europa und Amerika Goldverkäufe aus, so dass der Preis für die Feinunze (31 Gramm) auf nur noch 1088,50 US-Dollar (996,29 Euro) einbrach, den tiefsten Stand seit fünf Jahren. Am Donnerstag lag der Goldpreis für die Feinunze bei 1095,68 Dollar (1002,86 Euro).

Wie hat sich der Goldpreis in den vergangenen zwölf Monaten entwickelt?
Vor einem Jahr wurde die Feinunze zu rund 1312 Dollar (1201 Euro) gehandelt, bis November ging es auf 1140 Dollar (1043) nach unten, bevor sich der Preis bis März wieder auf gut 1300 Dollar (1190 Euro) erholte. Seitdem hält die Talfahrt an.
Für die Entwicklung sind aber nicht nur Spekulanten verantwortlich.
Ein wichtige Rolle spielt Janet Yellen, die Chefin der US-Notenbank Fed. Sie hat angedeutet, dass der Leitzins in den USA erstmals seit 2008 schon im September wieder steigen könnte. Dies stärkt den Dollar und die Anlage in US-Staatsanleihen. Gold wird weniger attraktiv, weil es keine Zinsen abwirft.
Was spricht derzeit noch gegen Gold?
Generell ist die Stimmung gegenüber Gold eher schlecht. Auf Gold spezialisierte Fonds verkaufen das Edelmetall. So hat der weltgrößte Fonds dieser Art seine Goldbestände auf den niedrigsten Stand seit September 2008 heruntergefahren. Allein am vergangenen Freitag sollen Goldfonds fast 16 Tonnen Gold verkauft haben.
Wie sieht es mit Angebot und Nachfrage aus?
Derzeit gibt es ein Überangebot an Gold, obwohl die Notenbanken in China und Russland ihre Goldreserven zuletzt aufgestockt haben. Aber wichtige Goldländer wie China oder Indien schwächeln, weil Verbraucher weniger in Schmuck investieren. In China hat der jüngste Einbruch der Aktienkurse die Anleger verunsichert, viele haben kein Geld für Gold. Zudem wird mehr Gold aus den Minen geholt, weil die Betreiber die Produktionskosten gesenkt haben.
Gibt es konkrete Zahlen über Angebot und Nachfrage?
Nach Angaben des World Gold Council (der globalen Lobby-Organisation der Goldindustrie) ging die Nachfrage im ersten Quartal um ein Prozent auf 1079 Tonnen zurück. Darunter entfielen rund 601 Tonnen auf Schmuck, 80 Tonnen auf die Industrie, 253 Tonnen auf Goldbarren und Münzen und 119 Tonnen auf Zentralbanken. Die stärkste Nachfrage kam trotz eines Rückgangs um sieben Prozent mit rund 272 Tonnen aus China, bei Indien waren es 192 Tonnen. Aus dem Mittleren Osten wurden knapp 84 Tonnen nachgefragt – krisenbedingt fast 20 Prozent weniger. Die Nachfrage aus den USA lag bei 32 Tonnen und aus Europa bei 73,5 Tonnen. Im Gegenzug lag das Gold-Angebot mit 1089 Tonnen höher, wobei 734 Tonnen aus Minen gefördert und 355 Tonnen Gold recycelt wurden.
Vor allem die Käufe von Barren und Münzen in Europa haben im ersten Quartal deutlich zugelegt. Warum?
Insgesamt 61 Tonnen in Form von Barren und Münzen wurden im ersten Quartal 2015 verkauft – das ist ein Plus von 16 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2014. Gründe sind die Diskussion um Griechenland und das Anleihe-Kaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB). Allein in Deutschland, der Schweiz und Österreich wurden Münzen und Barren mit einem Gesamtgewicht von 49 Tonnen verkauft.
Wie geht es mit dem Goldpreis weiter?
Zum Jahresende erwartet Commerzbank-Chef-Volkswirt Jörg Krämer wieder 1250 Dollar (1144 Euro) pro Feinunze. Das Umfeld für Gold bleibe günstig, auch wegen der niedrigen Inflation. Andere rechnen 2016 sogar mit 1420 Dollar (1300 Euro). Gabriele Widmann von der Deka-Bank ist skeptisch. Solange es keine neue Krise gebe, bleibe der Preis unter Druck. Ab 2018/2019 könnte es neue Rekorde geben, sagen andere, danach sogar Preise von mehr als 5000 Dollar (4577 Euro). Das letzte Hoch wurde im September 2011 mit 1 912 Dollar (1750 Euro) registriert.
Kaufen die Deutschen derzeit Barren und Münzen?
Zumindest am Jahresanfang war das so. Generell halten die Deutschen viel von Gold, wie eine Umfrage des Münchner Edelmetallhändlers Pro Aurum zeigt. Danach ist für sie Gold bei einem Anlagehorizont von drei Jahren lukrativer als Aktien. Allerdings besitzen nur neun Prozent der Deutschen Gold in Form von Münzen oder Barren. In Griechenland dürften es mehr sein. Die dortige Nachfrage habe in den letzten Wochen deutlich angezogen, berichten Goldhändler in Frankfurt und München.