Winfried Kretschmann kann drüber lachen. Foto: dpa

Radiosender legt Winfried Kretschmann rein und wird dann selbst aufs Glatteis geführt.

Stuttgart - Sie klang wie die Kanzlerin, und der neue Spitzen-Grüne ahnte nichts Böses. Das Scherztelefonat eines Radiosenders mit Baden-Württembergs designiertem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) schlägt hohe Wellen. Der Berliner Sender „104.6 RTL“ hatte sich am Tag nach dem Wahlsieg im Südwesten als falsche Angela Merkel zum 62-Jährigen durchstellen lassen und ihm als Bundeskanzlerin zu seinem Sieg gratuliert - und ihn gleich aufgefordert, der CDU beizutreten.

Kolumnist Franz-Josef Wagner kritisierte am Donnerstag in der „Bild“-Zeitung: „Der Witz ist alt und humorlos.“ Es sei nicht in Ordnung, Menschen vorzuführen. Eine Sprecherin des Sender sagte, das sei die einzige Kritik, die ihr zu Ohren gekommen sei. „Herr Kretschmann hat es ja auch mit Humor genommen.“ Der Fake-Anruf sei eine beliebte Comedy-Serie des Senders.

"Schweren Herzens: Glückwunsch zur Wahl"

Der wahrscheinliche Nachfolger von Merkels CDU-Parteikollege Stefan Mappus war gerade auf dem Weg zur Pressekonferenz in der Grünen-Zentrale in Berlin, neben sich den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer. Da bekam er einen Anruf auf seinem Handy, wie ein Video von „Spiegel TV“ zeigt. „Schweren Herzens: Glückwunsch zur Wahl“ spricht die falsche Stimme von Merkel. Mehr als 10.000 Mal war das Video am Donnerstag bei „Youtube“ im Internet bereits angeklickt worden. Kretschmann nahm es mit Humor - „Wir haben jetzt aber anderes zu tun“, sagte ein Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion.

Der Radiosender selbst sitzt einer Täuschung auf

Der Radiosender seinerseits ist aber auch einer Täuschung auf den Leim gegangen: Auf seiner Homepage zeigt der Sender einen angeblichen Tweet Kretschmanns als Reaktion auf den Radioscherz ("@1046RTL Glückwunsch, Sie haben mich überlistet. Ich habe Ihren Sender in Berlin gehört. Wenn man die Moderation weglässt, wirklich amüsant!"). Doch schon seit Montag ist klar, dass der Twitteraccount wkretschmann ein Fake ist, unter dem ein anonymer Scherzbold und nicht der designierte Ministerpräsident twittert.

„Ich war erstaunt, als ich am Sonntag im Radio hörte, Herr Kretschmann twittere“, sagte eine Sprecherin am Donnerstag. Nun sei alles in die Wege geleitet worden, um den Fake-Account wieder zu löschen. „Wir haben uns an Twitter gewandt, um das zu unterbinden", sagt sie. Doch das dauere. Wer genau dahinter stecke, wisse sie nicht. Auf ihrem Twitteraccount klärten die Grünen schon am Tag nach der Wahl auf: "Um das mal klar zu stellen: @wkretschmann ist ein FAKE-Account. Da ist ein spaßiger Spaßvogel am Werk!"

„Wir planen aber keine rechtlichen Schritte“, erklärte die Sprecherin. „Es war ja nicht bösartig.“ Nett und harmlos twitterte der Inhaber des Kontos beispielsweise: „Gruber & der Westerwelle treten jahrelang nicht von der Stelle. Plötzlich auf die Schnelle, nach einer grünen Schelle, tun sie gescheit & helle“.