Maria Gonzalez mit einer Kiste Salat, der eigentlich entsorgt werden sollte. Foto: Popowska

Maria Gonzalez sammelt aussortierte Lebensmittel ein und verteilt sie weiter.

Vahingen/S-Nord - Sorgsam begutachtet Maria Gonzalez die grünen Kisten, die die Mitarbeiter des Bio-Supermarktes hergerichtet haben. Zwei Kisten Salat, eine mit Obst, eine weitere mit Gemüse. Dazu noch Kisten mit Wurst, Käse, Joghurt und anderen Lebensmitteln. Für den Verkauf eignet sich davon nichts mehr; doch das bedeutet nicht, dass die Nahrungsmittel nicht mehr gut sind. Maria Gonzalez findet selbst für jedes lose Salatblatt einen Abnehmer. „Ich bin kreativ beim Verteilen“, sagt sie. Hauptsache, es landet nichts im Müll.

Wo es überall Bedarf gibt und wie groß die Not in Stuttgart ist, hat die 43-jährige Vaihingerin zu Beginn ihres Engagements selbst überrascht. Fast jeden Tag kommt die Mutter zweier Kinder zum Alnatura Markt am Killesberg, um die aussortierten Waren abzuholen. „Ich bekomme alles Mögliche – von Kosmetik bis zu Gemüse und Obst. Ohne den Filialleiter wäre das nicht möglich“, sagt sie. Der habe ihre Idee gleich unterstützt.

Ausgezeichnet mit dem Helferherzen-Preis

Vor drei Jahren hat Maria Gonzales mit dem Verteilen von Essen gemeinsam mit ihrem guten Freund Marc Euler begonnen. Für ihren Einsatz wurden die beiden kürzlich mit dem Helferherzen-Preis belohnt. Diese Auszeichnung vergibt die Drogeriemarktkette dm deutschlandweit für ehrenamtliches Engagement. Die 1000 Euro Preisgeld kommen der alleinerziehenden Mutter gerade recht, denn das Geld sei auch bei ihr privat knapp. „Ich kann mir das Benzin eigentlich nicht mehr leisten, um die Sachen hin- und her zufahren“, sagt Gonzalez. Da käme einiges an Kilometern zusammen.

Zusammen kommt auch einiges an weggeworfenen Waren. Denn Artikel werden in der Regel bereits aussortiert, wenn die Verpackungen Macken, also sogenannte Bruchschäden haben. „Das passiert manchmal, wenn Packungen beim Aufschneiden der Kartons beschädigt werden“, erklärt Gonzalez. In den Verkauf dürfe das dann nicht mehr. Kunden kaufen ungern Äpfel mit Druckstellen.

Die Menschen sind dankbar

Auch Gonzalez nimmt nicht alles mit. Sind die Druckstellen bereits unschön, dann wandert das Obst in die Tonne. Sie stöbert alle Kisten durch. Den kaputten Joghurt schmeißt sie weg, auch die angefaulte Melone. Die Kiste mit den losen Salatblättern und anderen Grüngemüseresten ist für Bekannte, die Haustiere haben. Die guten Nahrungsmittel bringt sie manchmal Flüchtlingen am Killesberg, fast immer jedoch in den Gemeinschaftsgarten El Palito im Stuttgarter Süden. Der Verein habe sie vor rund drei Jahren dazu inspiriert, sich selbst zu engagieren. Dass dort nicht nur Hobbygärtner und Lebensmittelretter zusammenkommen, sondern auch tatsächlich bedürftige Menschen aufschlagen, hat sie aufgerüttelt. „Ich bin da vor drei Jahren ganz blauäugig reingegangen. Mir waren weder der Arbeitsumfang noch die Not bewusst“, sagt Gonzalez, die sich besonders an eine ältere Dame erinnert, die Lebensmittel für sich holte. „Sie stand vor mir und weinte. Die Leute sind überall so dankbar.“ Da wird es eben auch sehr persönlich.

Maria Gonzales will auch Begegnungen ermöglichen

Der Lebensmittelverschwendung entgegenzutreten ist ihr wichtig, doch nicht – wie etwa bei der Organisation Foodsharing – ihr primärer Antrieb. Vielmehr gehe es ihr darum, zu helfen, wo Hilfe nötig ist, und Begegnungen zu ermöglichen. „Ich bekomme tausend Mal mehr zurück, als ich gebe“, betont sie. Auch ihren Kindern will sie so mitgeben, dass Dinge keinen Preis, sondern einen Wert haben.

Gerne würde sie noch mehr tun. Gemeinsam mit ihrer Freundin Sara Koenen hat sie ein Konzept für ein Nachbarschaftswohnzimmer erarbeitet. „Es soll ein Raum für Begegnungen und Gespräche sein, wo jungere und ältere Menschen zusammenkommen“, sagt sie. Was den beiden Frauen dafür aber noch fehlt, ist ein passender Raum.

Fair-Teiler-Schränke in Stuttgart

Im Stadtgebiet gibt es mehrere Schränke, in denen Lebensmittel eingestellt und entnommen werden können. Der in Vaihingen befindet sich am Ökumenischen Zentrum, Allmandring 6, auf dem Uni-Campus. In Degerloch steht der Schrank in der Löwen-WG an der Löwenstraße 54 und in Hohenheim im Asta-Gebäude an der Kirchnerstraße 5 auf dem Campus. In den Innenstadtbezirken stehen Fair-Teiler-Schränke bei der Friedensgemeinde, Schubartstraße 12, in S-Mitte, bei der Heilsarmee an der Silberburgstraße 139 in S-West sowie an der Friedhofstraße 11 in S-Nord.

Weitere Informationen wie etwa die genauen Standorte und die Ausstattung der Fair-Teiler-Schränke sowie Bedienungshinweise werden im Internet unter der Adresse www.foodsharing.de angeboten.

Der Gemeinschaftsgarten des Vereins ist etwa 3500 Quadratmeter groß und liegt an dem Hang zwischen Degerloch und Süd. Dort, Auf dem Haigst 45, verteilt Maria Gonzalez meist die Lebensmittel.