Verbrauchern ist fair produzierte Kleidung wichtig – aber auch der Preis. Foto: dpa

Mit Infografik - Verbrauchern ist laut einer Umfrage wichtig, dass Kleidung fair produziert wird. Doch zugleich schauen sie auf den Preis. Unter welchen Arbeitsbedingungen Kleidung hergestellt wird, ist nur schwer zu erkennen.

Düsseldorf - Man sucht nicht lange nach T-Shirts für drei, vier oder fünf Euro. Doch greifen viele Verbraucher längst nicht mehr so unbeschwert zu den Schnäppchen wie früher. Berichte über teils unmenschliche Arbeitsbedingungen in den Kleiderfabriken Asiens haben Konsumenten aufgerüttelt. Bei einer Umfrage des Instituts YouGov sagten fast neun von zehn befragten Verbrauchern, für sie seien faire Produktionsbedingungen in der Textilbranche „sehr wichtig“ oder „eher wichtig“. Fast jeder Dritte würde auf keinen Fall Kleidung kaufen, von der bekannt sei, dass es unterunmenschlichen Bedingungen herstellt worden sei. Weitere 49 Prozent wollen ein solches Produkt „eher nicht“ kaufen.

Textilindustrie

Doch wie soll der Verbraucher erkennen, ob die schicke Jeans oder das coole Sweatshirt unter unmenschlichen Bedingungen produziert wurde? Die naheliegende Antwort wäre vielleicht, den Händler nach den Herstellungsbedingungen zu fragen. Doch das tun offenbar nur wenige. Laut einer Umfrage des Bundesverbandes des Deutschen Textileinzelhandels gaben nur sieben Prozent der Händler an, dass sich die Kundenanfragen nach den Produktionsbedingungen deutlich verstärkt hätten. Viele Konsumenten halten den Preis des Produkts noch für das zuverlässigste Signal in Sachen Herstellungsbedingungen. Die Hälfte der befragten Verbraucher meint, ein T-Shirt solle mindestens zehn Euro kosten. 29 Prozent finden mindestens fünf Euro angemessen.

Holger Brackemann, Bereichsleiter Untersuchungen bei der Stiftung Warentest, dämpft überzogene Hoffnungen: „Vom Preis kann man nicht unmittelbar auf die Arbeitsbedingungen bei der Herstellung schließen.“ Denn bei Modeartikeln machten die Herstellungskosten oft nur einen kleinen Teil des Endpreises aus. Hinzu kämen die Ausgaben für Werbung, Zoll, Zwischenhändler und die Marge des Einzelhändlers. „Es gibt sicher eine Preisgrenze, unter der man nicht fair produzieren kann. Aber genau zu sagen, wo sie liegt, ist schwierig.“

Aus Sicht von Kirsten Clodius, Referentin für saubere Kleidung bei der Christlichen Initiative Romero, die sich für Arbeits- und Menschenrechte in Ländern Mittelamerikas einsetzt, passt der Wunsch des Verbrauchers nach billiger und zugleich fairer Kleidung nicht zusammen. „Je weniger ein Kleidungsstück kostet, desto unwahrscheinlicherwurde es fair produziert“, sagt sie. Bei einem T-Shirt für einen Preis von beispielsweise 4,50 Euro biete der Fabrikant seinen Arbeitern vermutlich keine besonders guten Arbeitsbedingungen.

Auch die vielen Gütesiegel helfen nur begrenzt. „Derzeit gibt es kein Siegel, das umfassend Auskunft gibt, wie die Arbeitsbedingungen bei der Herstellung waren“, sagt Clodius. Am ehesten gebe das GOTS-Siegel für eine ökologische und sozial verantwortliche Textilproduktion, zuverlässige Auskunft über angemessene Produktionsbedingungen, sagt Johann Rösch, langjähriger Textilexperte der Gewerkschaft Verdi. Doch sind die Chancen gering, darauf im „normalen“ Textilhandel zu stoßen. Das GOTS-Siegel sei „wenig verbreitet“, sagt Rösch. Clodius hält zudem das Fair-Trade-Siegel für glaubwürdig. Der Begriff „fair“ beziehe sich aber nur auf den ersten Schritt der Produktion, nämlich den der Baumwolle. Branchenkenner Rösch hält die Einflussmöglichkeiten der Verbraucher grundsätzlich für begrenzt. Zu undurchsichtig und mörderisch sei der Wettbewerb in der Branche.

Einfacher haben es da jene Konsumenten, denen die Herstellungsbedingungen egal sind. Besonders unter Jüngeren sind das gar nicht so wenige: Für immerhin jeden vierten Befragten im Alter zwischen 18 und 24 ist die Frage der Produktionsbedingungen beim Shoppingbummel ohne große Bedeutung.