Geht eine Nachrüstung? Amtschef Lahl (links) will von VDA-Präsident Wissmann darauf in wenigen Wochen eine Antwort haben Foto: dpa

Baden-Württemberg bemüht sich, Besitzern von Euro-5-Dieselfahrzeugen eine Aufrüstung auf Euro 6 zu ermöglichen. Laut Deutscher Umwelthilfe ist Euro 6 aber auch keine Lösung.

Stuttgart - Auch Dieselfahrern, die erst vor wenigen Jahren ein neues Auto gekauft haben, drohen ab 2018 Fahrverbote in Stuttgart. Um deren Ärger wenigstens etwas zu dämpfen, hat Baden-Württembergs Verkehrsministerium nach Informationen unserer Zeitung die Verantwortlichen der Autoindustrie zusammengetrommelt. Bei dem Gespräch ging es darum, ob Euro-5-Dieselmotoren nicht doch noch nachträglich beim Schadstoffausstoß auf die Abgasnorm Euro 6 gebracht werden können. Der Amtschef des Ministeriums, Uwe Lahl, bestätigte das Treffen. „Wir prüfen derzeit alles Mögliche und Unmögliche, und dazu gehört auch die Frage der Nachrüstung“, sagte er auf Anfrage unserer Zeitung. Eine solche Aktion sei „eine große Herausforderung für die gesamte Automobilindustrie und könnte als Wiedergutmachung angesehen werden“.

Je größer das Auto, desto besser die Chancen

Den bisherigen Verlautbarungen zufolge gilt eine Nachrüstung als schwierig bis unmöglich, aber Amtschef Lahl ist durch das Gespräch ein bisschen zuversichtlicher geworden. „Ich bin recht optimistisch, was die Innovationskraft der Autoindustrie angeht“, sagte er. Zwar werde eine Nachrüstung bei kleinen Pkw sehr schwer, weil diese zum Teil keinen geeigneten Katalysator hätten. Größere Diesellimousinen bräuchten hingegen womöglich nur einen größeren Tank für die Harnstofflösung Adblue, mit deren Hilfe sich der Stickoxidausstoß von Dieselmotoren drastisch senken lässt.

Was Menschen in Stuttgart zu dem Diesel-Fahrverbot ab 2018 sagen, sehen Sie im Video:

VW versprüht Optimismus

Am optimistischsten waren in der Runde offenbar die Vertreter des VW-Konzerns, der aufgrund seiner Software-Schummelei in den USA mittlerweile schon erste Erfahrungen mit Nachrüstungen hat. „VW verkauft offenbar das erworbene Know-how beim Nachbessern von Autos und bietet die für die USA entwickelte Technik als Nachrüstung auch in Europa an“, sagte Lahl. Die meisten anderen Autohersteller seien hingegen eher skeptisch bezüglich der Nachrüstung. Eine solche Nachrüstung ermöglichen und überwachen müsste laut dem Amtschef der Bund – so wie dies auch bei der Nachrüstung mit Rußpartikelfiltern der Fall war. „Unsere Aktivitäten in Stuttgart zielen darauf ab zu klären, welche Möglichkeiten es gibt“, sagte er. „Und natürlich können wir in Stuttgart entscheiden, dass nachgerüstete Pkw vom Fahrverbot befreit werden, wenn das auch vom Gericht akzeptiert wird.“

Die Kosten für eine Nachrüstung werden laut Lahl industrieintern auf 2000 bis 5000 Euro pro Fahrzeug beziffert. Ob es wieder eine Bundesförderung geben könnte wie beim Partikelfilter werde man dann sehen, so Lahl. Seiner Meinung nach sollten auch die Kfz-Importeure mit an Bord sein. „Denn die größten ‚Schweineigel‘ sind im Moment viele ausländische Hersteller“, sagte Lahl.

Import-Autos besonders schmutzig

Indirekt wurde dieser Vorwurf am Mittwoch von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) bestätigt. Sie gab die Ergebnisse von Wintermessungen bei Euro-6-Fahrzeugen im Straßenbetrieb bekannt. Demnach überschreiten viele Autos die Grenzwerte um ein Mehrfaches. Angeführt wird die Negativ-rangliste von einem Fiat 500, gefolgt von einem Renault Captur und einem Volvo S 90. An vierter Stelle steht ein Mercedes B 180, der den Grenzwert für Euro 6 im realen Betrieb laut DUH immer noch um das Dreizehnfache überschritt.

Da der tatsächliche Stickoxidausstoß bei Euro-6-Fahrzeugen in vielen Fällen deutlich höher ist als auf dem Prüfstand, will die Deutsche Umwelthilfe nun offenbar die Befreiung von Euro-6-Autos bei den Dieselfahrverboten in Stuttgart vor Gericht zu Fall bringen. „Die generellen Ausnahmen von den Fahrverboten für Euro-6-Diesel-Pkw sind damit vom Tisch“, erklärte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.