Wenn 2018 ein Fahrverbot für bestimmte Dieselautos kommt – wie wird das kontrolliert? Foto: dpa

Die Aufregung um das geplante Fahrverbot für bestimmte Dieselfahrzeuge bei Feinstaubalarm ist groß. Dass die Polizei den Bann effektiv kontrollieren kann, ist aber eher zweifelhaft.

Stuttgart - Bei der Stuttgarter Verkehrspolizei zuckt man mit den Schultern: Wie soll man ein Fahrverbot bei Feinstaubalarm kontrollieren, wenn noch gar nicht klar ist, wie man die Sünder erkennen wird? Trennt eine blaue Plakette die Spreu vom Weizen – oder muss man in jedem einzelnen Fall erst den Fahrzeugschein begutachten? Wird ein Verstoß wie bei einer fehlenden grüner Plakette 80 Euro kosten – oder nur 20 Euro wegen Missachtung eines Einfahrtverbots?

Fragen über Fragen. „Aber es wird so sein, dass wir sowieso immer ganzheitlich kontrollieren werden“, sagt der Stuttgarter Polizeisprecher Olef Petersen. Wie in all den Jahren davor: Abgasuntersuchung, Tüv-Plakette, rote, gelbe, grüne Umweltzonenplakette, Lkw-Durchfahrtsverbot, Promillesünde, Führerschein.

Ohne blaue Plakette wird’s für Kontrollen schwierig

Die Stuttgarter Polizei wird freilich die Kolonnen von Sündern bei Feinstaubalarm kaum aufhalten können – ihr bleiben nur Stichproben und ein großes Dunkelfeld. Sollte es keine blaue Plakette an der Windschutzscheibe geben, wird die Arbeit noch schwieriger. „Das wird dann viel aufwendiger“, heißt es in den Reihen der Verkehrspolizei, „weil man einem Auto die Euro-6-Norm nicht auf den ersten Blick ansieht.“

Dabei hat die Polizei mit den weitaus auffälligeren Sündenfällen genug zu tun – den Gurtmuffeln und Handysündern etwa. Obwohl auch die mit Bußgeldern belegt sind, halten sich immer noch genügend Autofahrer nicht an die Vorschriften. „Im vergangenen Jahr hat die Stuttgarter Polizei 5549 Verstöße gegen die Handynutzung festgestellt“, sagt Olef Petersen. Das ist eine Menge – und trotzdem weniger als 2015. Da hatten 5936 Autofahrer das Handy am Ohr. Auch bei den Gurtmuffeln geht der Polizei die Arbeit nicht aus: 5731 Autoinsassen waren 2016 in Stuttgart ohne Gurt erwischt worden. Im Jahr davor war es sogar noch schlimmer – da waren es über 1000 Sündenfälle mehr. Die Dunkelziffer dürfte weitaus größer sein – obwohl solche Verkehrsverstöße leichter zu erkennen sind als ein feinstaubgeächteter Dieselmotor.

Plaketten und Verbote: Verstöße steigen

Von anderen Verboten spricht inzwischen auch keiner mehr. Das Lkw-Durchfahrtsverbot etwa. 2010 stellte die Polizei wenige Monate nach der Einführung fest, dass sich jeder sechste Lkw-Fahrer nicht an das Verbot hielt. Laut Experten wären aber auch bei vollständiger Beachtung nur etwa 3100 Lkw weniger unberechtigt in der Stadt unterwegs. Von 60 000 Lkw seien etwa 95 Prozent berechtigterweise als Lieferverkehr in der Stadt, so der damalige Verkehrspolizeichef Roland Haider.

Dass Verbote nicht beachtet werden, zeigt sich auch bei den Plaketten für die Umweltzone – anfangs rot, gelb, grün, inzwischen nur noch mit grüner Farbe erlaubt. Die Zahl der Verstöße steigt von Jahr zu Jahr. Der Blick in den Datenbestand der Bußgeldstelle unter ihrem Leiter Thomas Brenner zeigt Erschreckendes: „Im Jahr 2016 gab es 25 893 Fälle, bei denen Autos mit keiner oder einer falschen Plakette in der Stadt festgestellt wurden“, sagt Stadtsprecherin Jana Braun. Zum Vergleich: 2014 waren es noch etwas mehr als 18 000, 2015 knapp 20 000. Der Grund liegt an den verstärkten Kontrollen und mehr Personal beim städtischen Vollzugsdienst. Dabei werden auch immer wieder Touristen kalt erwischt.

Bei der Polizei wartet man erst einmal ab, welche Vorgaben in Sachen Fahrverbote von der Politik gemacht werden. „Dann“, sagt Polizeisprecher Petersen, „wird man uns sicher auch mit ins Boot nehmen.“