Bahntickets per Kreditkarte zu bezahlen, lässt sich die Bahn in Zukunft extra vergüten. In der zweiten Klasse bleiben die Preise im Fernverkehr dafür konstant Foto: dpa

Alljährliche Preiserhöhungen, Verspätungen, gestrichene Nachtzüge in europäische Metropolen und der Wegfall der Autozüge – die Nachrichten, die der Staatskonzern Bahn produziert, könnten besser sein. Nun soll das Image aufpoliert werden – durch eine Nullrunde bei Zweite-Klasse-Reisenden.

Berlin/Stuttgart - Die Deutsche Bahn reagiert auf die zunehmende Konkurrenz durch Fernbusse und hält sich bei den diesjährigen Preiserhöhungen zurück.

In der zweiten Klasse von ICE- und IC-Zügen steigen die Preise ab Dezember nicht. Auch alle Bahncards bleiben gleich teuer. Eine 2,9-prozentige Tariferhöhung in der ersten Klasse wird durch Gratis-Sitzplatzreservierungen und kostenfreies Internet abgepuffert. „Wegen der zunehmenden Konkurrenz durch Fernbusse hat sich die Bahn im puncto Preise zurückgehalten“, sagte Marion Jungbluth, Bahn-Expertin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (VZBV), unserer Zeitung. Als kundenfreundlich wertet sie zudem, dass die Service-Gebühr von fünf Euro beim Kauf einer Fahrkarte am Schalter oder per Telefon nun wegfällt. Die Bahn hatte diese Regelung vor einigen Jahren eingeführt, um den Fahrkartenkauf im Internet anzukurbeln.

Auch der Kundenverband Pro Bahn lobte den Verzicht auf Preiserhöhungen in der zweiten Klasse und auch den Wegfall der Service-Gebühr: „Das ist genau richtig, das begrüßen wir sehr“, sagte Pro-Bahn-Sprecher Klaus-Peter Naumann. Den Erhöhungen in der ersten Klasse stünden Mehrwert durch die Internetnutzung und die Sitzplatzreservierung gegenüber. Die Kartengebühren passten dagegen nicht in das positive Bild. Diese will die Bahn ab Dezember erheben, sobald ein Kunde per Kreditkarte oder mit dem Internetbezahldienst Paypal eine Fahrkarte oder eine Bahncard erwirbt. Ab einem Betrag von 50 Euro soll die neue Gebühr, die in ähnlicher Art und Weise bisher schon bei der Buchung von Flugtickets anfällt, greifen.

Die wie Pilze aus dem Boden schießenden Fernbuslinien machen dem Staatskonzern Bahn immer mehr zu schaffen. Allein in diesem Jahr werden die aggressiv auftretenden Neulinge den Konzern nach eigenen Angaben im Fernverkehr rund 120 Millionen Euro kosten – rund 50 Millionen sind es bereits im bisherigen Jahresverlauf.

Das Geld soll im Nahverkehr wieder hineingearbeitet werden. Um 1,9 Prozent teuerer werden die Tickets daher bei Regionalzügen, was aber nicht für Verkehrsverbünde gilt, die ein eigenes Tarifsystem haben – also etwa den Stuttgarter Verkehrsverbund VVS und die darin eingesetzten S-Bahnen. „Es geht darum, gerade in Zeiten harter Konkurrenz durch andere Verkehrsträger unseren Fahrgästen entgegenzukommen und sie an uns zu binden“, sagte Bahn-Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg bei der Vorstellung des neuen Tarifsystems in Berlin.

Dieses bietet allerdings nach Ansicht von Fachleuten mehr denn je Anlass zur Kritik. Das Preissystem der Bahn gleiche einem Dschungel, in dem die Kunden erhebliche Schwierigkeiten hätten, sich Orientierung zu verschaffen, sagte der Erich Nolte, Verbraucherschützer in Baden-Württemberg, unserer Zeitung.

Tatsächlich wird es immer schwieriger, bei Bahnfahrten den günstigsten Preis für die jeweilige Strecke zu finden. In den vergangenen Monaten hat die Bahn ihre Kanäle zur Vermarktung der eigenen Tickets stark ausgeweitet – besonders im Internet. Neben der Buchung auf der klassischen Bahn-Webseite können Kunden seit kurzem Tickets auch über die Seiten von Vergleichsseiten wie www.fernbusse.de, www.busliniensuche.de, www.fromatob.de oder die Reiseschnäppchenplattform www.ltur.de buchen. Für kurzentschlossene Bahnkunden winken hier teils satte Rabatte auf die Normalpreise. Teilweise liegen sie noch unter den von dem Konzern selbst angebotenen Sparpreisen. Mit diesen Angeboten wolle die Bahn die sehr preissensiblen und internetaffinen Kunden der Fernbusse zurückgewinnen, sagt Bahn-Expertin Jungbluth vom VZBV. Dieses Vorgehen führe aber zu einer „immer größeren Intransparenz“. Kurz: Wer sichergehen will, die billigste Bahnfahrkarte zu erhaschen, muss intensiv Preise vergleichen – und vor allem kurz entschlossen sein. Die günstigen Restkontingente für die Züge würden mitunter erst wenige Stunden vor Abfahrt des Zuges freigegeben, sagt Jungbluth.