Der Nachwuchsmangel im Handwerk spitzt sich zu. Ein Grund dafür: Immer mehr Schüler wollen studieren. Die Handwerkskammer spricht bereits von einem „Wahn der Akademisierung“.
Stuttgart - Für Bäcker und Fleischer in Stuttgart und der Region wird es immer schwieriger, Fachpersonal zu finden. Seit Jahren fehlt es an Nachwuchskräften, da sich immer mehr Schüler für ein Studium statt eine Ausbildung entscheiden. Gerd Kistenfeger von der Handwerkskammer der Region Stuttgart sieht den Trend mit Sorge: „Inzwischen meint jeder, studieren zu müssen.“ Wegen des demografischen Wandels gebe es zudem immer weniger Schulabgänger. Kistenfeger geht deshalb davon aus, dass sich die Lage weiter verschärfen wird. Der Fachkräftemangel sei in allen Handwerksbranchen spürbar. Im Lebensmittelbereich sei er aber besonders eklatant.
1135 Ausbildungsplätze sind für 2015 in Stuttgart und der Region noch frei. „Die Chancen, einen guten Ausbildungsplatz zu bekommen, sind besser als je zuvor“, sagt Kistenfeger. Im Bäcker- und Fleischerhandwerk waren bei der letzten Zählung am 30. September mehr als ein Drittel der Azubi-Stellen unbesetzt (42 von 123). Bei den Lebensmittelfachverkäufern waren mit 75 von 183 fast 41 Prozent der Stellen frei.
Der Fachkräftemangel wirkt sich in Stuttgart mittlerweile auch auf den Verbraucher aus: Im Westen schließt die Bäckerei Dreßler jeden Samstag ihre Türen, die Metzgerei Schneider bleibt montags geschlossen. Bäckermeister Harald Dreßler sucht seit vier Monaten nach Personal. Vergeblich. „Letztes Jahr um diese Zeit hatten wir zwei Verkäuferinnen mehr“, sagt Dreßler.
Florian Lutz von der Landesinnung der Bäcker empfiehlt den Bäckern, sich als attraktive Arbeitgeber zu präsentieren. Nur so könnten sie den Nachwuchs in Zukunft locken. Alternative Möglichkeiten, geeignetes Personal zu gewinnen, sieht der Bäckermeister darin, Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben oder Quereinsteiger – zum Beispiel aus dem Einzelhandel – im Betrieb selbst anzulernen.
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