Die Taxibranche in Stuttgart steht unter Druck. Jetzt sollen höhe Tarife die wirtschaftliche Basis vieler Betriebe sichern Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Erst vor zwei Jahren ist das Taxifahren in Stuttgart, Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen um 20 Prozent teurer geworden. Jetzt beantragt das Gewerbe erneut eine ähnliche Tariferhöhung. Gründe sind der Mindestlohn und die Entwicklung bei den Spritkosten.

Stuttgart - Die Städte Stuttgart, Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen haben jüngst Post bekommen. Und zwar von der Taxi-Auto-Zentrale Stuttgart (Taz). Die vertritt als Genossenschaft und Vermittlungszentrale die meisten Taxiunternehmen in der Landeshauptstadt und wegen des Flughafens auch in den beiden Nachbarkommunen. Das vierseitige Schreiben hat es in sich: Das Gewerbe beantragt bei den Genehmigungsbehörden eine Tariferhöhung von im Schnitt etwa 20 Prozent. Das ist deshalb außergewöhnlich, weil erst vor zwei Jahren die Preise um ebenfalls rund ein Fünftel angehoben worden sind.

Völlig überraschend kommt der Schritt allerdings nicht. Schon 2015 war die Branche mit der Höhe der Preissteigerung nicht komplett einverstanden. Der Stuttgarter Taxiverband etwa hatte schon damals zusätzlich Zuschläge für spezielle Fahrten gefordert. Jetzt, betont der Taz-Vorstandsvorsitzende Murat Arslan gegenüber unserer Zeitung, komme man nicht mehr umhin, diesem Drängen aus der Branche nachzugeben: „Die derzeit gültigen Tarife sind für die Betriebe einfach nicht ausreichend kostendeckend und auskömmlich.“

Man hinke den Preisen in anderen Städten gerade in Baden-Württemberg hinterher, so Arslan, außerdem setze der Mindestlohn das Gewerbe unter Druck. Der ist zum Jahresbeginn von 8,50 auf 8,84 Euro pro Stunde angehoben worden. Das wirkt sich laut Taz nicht nur bei den Fahrern, sondern auch bei Werkstattkosten aus. Eine Zeitlang hätten die niedrigen Spritkosten noch einen gewissen Ausgleich schaffen können, das sei mit dem jüngsten Anstieg aber auch wieder vorbei. „2015 haben wir zum ersten Mal nach sieben Jahren die Tarife erhöht. Busse und Bahnen tun das zwar in geringerem Umfang, dafür aber jedes Jahr“, sagt Arslan. Die Fixkosten für die Unternehmen stiegen stetig, gleichzeitig umfasse ein Großteil der Fahrten nur Kurzstrecken.

Zuschlag für Rollstuhlfahrer: 7,50 Euro

Nach dem Willen der Taxiunternehmen soll der Grundtarif von bisher drei auf künftig 3,50 Euro steigen. Bei Kurzstrecken soll der Kilometerpreis drei statt 2,40 Euro betragen, bei längeren Strecken 2,40 statt 1,90 Euro. Für besondere Diskussionen dürften die Zuschläge sorgen, die zusätzlich gefordert werden. So soll nicht nur der Zuschlag für Großraumtaxis von bisher sieben auf künftig 7,50 Euro steigen. Neu geplant ist ein Zuschlag von einem Euro bei Zahlung per EC- oder Kreditkarte – und ein Zuschlag in Höhe von 7,50 Euro für die Mitnahme von Rollstuhlfahrern in speziell ausgestatteten Fahrzeugen, die ausdrücklich zum Behindertentransport zugelassen sind.

„Uns ist bewusst, dass eine solche Forderung ganz besonders kritisch überprüft wird“, schreibt die Taz in ihrem Antrag. Man wolle damit aber behinderte Fahrgäste nicht ausgrenzen oder benachteiligen, betont Arslan. Vielmehr steige die Nachfrage nach barrierefreien Fahrzeugen. Weil die Umrüstung von Taxis für die Unternehmen aber sehr teuer sei und der Transport solcher Kunden mehr Zeit und Aufwand erfordere, erhoffe man sich durch die Gebühr eine höhere Attraktivität solcher Fahrten und damit einen Ausbau der Kapazitäten. „Wir wollen den Aufbau einer qualitativ hochwertigen Dienstleistung fördern“, sagt der Vorstandsvorsitzende.

Bei der Stadt Stuttgart ist der Antrag inzwischen eingegangen. „Wir werden ihn prüfen und uns die Begründung genau anschauen“, sagt Matthias Franke, der Leiter der Zulassungsstelle. Man werde dann „im Einvernehmen mit den Nachbarkommunen“ entscheiden. Man sehe die Mindestlohnerhöhung, das sei aber nicht allein ausschlaggebend. Formal abgelehnt worden seien Tariferhöhungsanträge der Taxibranche zwar noch nie, wohl aber habe man sie bisweilen schon bis zu einem späteren Zeitpunkt zurückgestellt. Franke rechnet mit einer Entscheidung in einigen Wochen.

Zahl der Taxis verringert sich nur langsam

Das Ordnungsamt, zu dem die Zulassungsstelle gehört, nimmt die Taxibetriebe seit einigen Jahren genauer unter die Lupe. Zuvor war 2013 ein Gutachten im Auftrag der Stadt zum Fazit gekommen, die Branche befinde sich in einem denkbar schlechten Zustand. Viele Betriebe arbeiteten unwirtschaftlich, eine deutliche Reduzierung der damals 705 Unternehmen auf unter 600 sei zu empfehlen.

Das jedoch ist nicht so einfach – und die Realität weit davon entfernt. Alle fünf Jahre müssen die Taxibetriebe einen Antrag auf Verlängerung der Konzession stellen. Dann durchleuchtet die Zulassungsstelle sie im Hinblick auf Buchführung, Steuerausstände, Beschwerden von Fahrgästen, Zustand der Fahrzeuge oder Verstöße gegen die Sozialversicherungspflicht. Seither ist die Zahl der Unternehmen um zehn auf 695 gesunken. „Jeder, der keine Konzession mehr bekommt, legt Widerspruch ein oder klagt“, sagt Franke. Bisher habe die Stadt alle Prozesse gewonnen oder es gab Vergleiche. Das zieht die Verfahren in die Länge. „Wir sind da auf einem guten Weg, aber wir müssen dran bleiben“, betont Franke.

Auch die Taz hofft, mit auskömmlicheren Tarifen die Qualität in der Branche verbessern zu können. „Bei der vergangenen Erhöhung haben wir den Kunden genau erklärt, warum wir das machen. Sie haben mit Verständnis reagiert“, so Arslan. „Darauf hoffen wir diesmal auch.“