Dagie Brunderts Filmwinter-Projekt: Super 8 ­umweltfreundlich entwickeln Foto: Filmwinter

Am 15. Januar startet das Experimentalfilm- und Medienkunstfestival, einstimmen kann man sich schon jetzt. Das traditionelle Warm-up des Festivals hat bereits begonnen und umfasst verschiedene Veranstaltungen und Ausstellungen.

Stuttgart - „Die Zukunft ist leider auch nicht mehr das, was sie einmal war“, soll der Dichter Paul Valéry einmal gesagt haben. In diesem Geiste könnte man auch die Rauminstallation „Panopticon“ der Künstler Kevin Röhl und Erik Freydank deuten, die Teil der „Expanded Media“-Ausstellung beim kommenden Filmwinter sein wird: Im Zentrum steht ein altes schwarzes Wählscheiben-Telefon, das der Ausstellungsbesucher anrufen kann. Bei Abnahme hört er die Melodie des Liedes „Die Gedanken sind frei“, in diesem Moment wird aber auch ein Foto des Anrufers gemacht, sein Bewegungsmuster erfasst, ein Profil von ihm erstellt – und 24 Stunden später per SMS zugestellt.

„Panopticum“ setze sich „auf sehr düstere, aber auch humorvolle Weise mit der Macht der Technik auseinander, mit all ihren unschönen Begleiterscheinungen“, findet Marcus Bergmann, Neue-Medien-Koordinator beim Filmwinter. Damit passt Röhls und Freydanks Arbeit perfekt zum diesjährigen Festival-Motto „Welcome to the New Age!“ – selbiges stehe, so Bergmann, für die Suche nach den Auswirkungen des neuen digitalen Zeitalters auf Leben und künstlerische Praxis.

Zum mittlerweile 28. Mal findet vom 15. Januar an das Experimentalfilm- und Medienkunstfestival statt, das der Verein Wand 5 veranstaltet. Und freilich längst nicht alle Beiträge beziehen sich auf das genannte Motto, das zeigte eine Filmvorschau im Weltcafé am Charlottenplatz. Zwischen Dokumentationen mit realsatirischem Einschlag, reinen Farb- und Formexperimenten und lustvoll zelebrierten Absurditäten ist eine breite Spanne formal unterschiedlichster Kurzfilme vertreten, die wieder auf einen abwechslungsreichen Kurzfilmwettbewerb hoffen lassen – seit jeher das Herzstück des Filmwinters.

Aufregendes verspricht auch das Rahmenprogramm, darunter ein Porträt des britischen Filmemachers – und diesjährigen Jury-Mitglieds – John Smith, dessen 1976 entstandener Kurzfilm „The Girl Chewing Gum“ zu den wichtigsten Avantgardefilmen des 20. Jahrhunderts zählt.

Statt „Welcome to the New Age“ könnte als dauerhaftes Filmwinter-Motto auch „Welcome to the new location“ passen – denn seit dem Ende des Kommunalen Kinos im Filmhaus im Jahr 2008 fand das Festival fast jedes Mal an anderen Orten statt. Dieses Mal sind es erst mal das Theater Rampe und der benachbarte Kunstraum34 fürs Filmprogramm, doch stand dies immerhin schon im Januar 2014 fest – ungewohnt, aber sehr angenehm für die Macher: „In den vergangenen Jahren hat die Raumsuche bis kurz vor Festivalbeginn immer sehr viel Energien gebunden“, sagt Giovanna Thiery, Koordinatorin für den Bereich Film.

Wer nicht bis Mitte Januar auf experimentelle Filme und Medienkunst warten will, kann sich schon jetzt einstimmen: Das traditionelle Warm-up des Festivals hat bereits begonnen und umfasst verschiedene Veranstaltungen und Ausstellungen. Ganz ortsungebunden ein Geheimtipp der Aufwärmphase: Am 10. Januar präsentiert das Berliner Trio Kulturmassnahmen im Freien Radio für Stuttgart seine „Schule des Scheiterns“ – eine sogenannte Lecture-Performance, die dem Motto folgt: „Nur wer Großes wagt, kann auch scheitern.“