Ganz Ägypten steht voller Pyramiden, Sphinxe, Obelisken: Christian Bale als Moses in „Exodus: Götter und Könige“ - mehr Eindrücke aus dem Film in unserer Bildergalerie! Foto: Verleih

Ridley Scott erzählt von Moses, der die Hebräer aus ägyptischer Knechtschaft führt, und beißt sich daran die Zähne aus - auch wenn Christian Bale („Batman Begins“) sich alle Mühe gibt, dem intelligenten Ziehsohn des Pharao Charakter zu geben.

Filmkritik und Trailer zum Kinofilm "Exodus"

Wer Bibelinhalte auf die Leinwand bringt, dem droht ein Dilemma: Das Kino fordert eine schlüssige Dramaturgie und einen stimmigen Umgang mit Glaubensfragen. Cecil B. DeMille hatte beides zu bieten in „Die zehn Gebote“ (1956), einem großen, an überlieferten Darstellungen orientierten Monumentalfilm mit Charlton Heston als Moses.

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Häufiger aber kommt es zu Kontroversen. Martin Scorsese zeigte in „Die letzte Versuchung Christi“ (1988) Jesus als hadernden Zweifler – für die einen ein origineller Ansatz, für andere eine Verletzung ihrer religiösen Gefühle. Umgekehrt war es, als Mel Gibson die Schrift sehr wörtlich nahm in seiner blutgetränkten „Passion Christi“ – für die einen eine Offenbarung, für andere eine Zumutung und bildgewordener Grund für kirchlichen Mitgliederschwund.

Jüngst ist Darren Aronofsky („Black Swan“) an „Noah“ gescheitert, weil er eng an der Legende blieb, aber nicht am klassischen Bibelfilm-Look; nun beißt sich Ridley Scott („Blade Runner“, „Gladiator“) an „Exodus“ die Zähne aus – exakt aus den selben Gründen. Das Drehbuch wartet kaum mit Ideen auf, dafür mit Fahrigkeiten. Der junge Pharao (Joel Edgerton) ist ein cholerischer Idiot: Sein Stiefbruder Moses, ein Hebräer? Ab ins Exil! Wie das richtig geht, wie Entfremdung sich entwickelt, hat William Wayler 1959 in „Ben Hur“ gezeigt mit einem jüdischen Prinzen (wieder: Charlton Heston) und einem römischen Offizier.

Auch visuell bleibt Scott vieles schuldig. Die Szenerie ist beliebig vollgestellt mit digitalen Sphinxen, Obelisken und Pyramiden, welche teils südamerikanisch anmuten. Schlachtszenen immerhin sind mit soliden Effekten ins Bild gesetzt wie auch Frosch-, Fliegen- und Heuschreckenplage, doch die dunkle Wolke, die die ägyptischen Erstgeborenen tötet, wirkt vorsintflutlich.

Überhaupt: Die Plagen, das zurückweichende Rote Meer, das nur Ägypter verschlingt – alles Werke eines strafenden Gottes, der Kinder umbringt, um Moses und seine Hebräer aus der Sklaverei zu befreien? Da landet Scott mitten im Dilemma.

Er hat keine Interpretation gewagt, etwa mit einer Theorie wie der vom Vulkanausbruch auf Santorini, dessen giftiger Auswurf nach Ägypten zog und die Plagen verursachte – Gottes Wille wäre dann die Behauptung eines gewitzten Freiheitskämpfers, der zum Religionsstifter hätte reifen können. Für die klassische Variante wiederum fehlt Scott der Ernst. Gott spricht bei ihm nicht als Lichtstrahl durch Wolken mit Donnerstimme zu Bart- und Sandalenträgern mit wallenden Gewändern und Frisuren – sondern nimmt fragwürdige Gestalt an als wenig einladender Befehlsgeber.

Christian Bale („Batman Begins“) gibt sich alle Mühe, dem intelligenten Ziehsohn des Pharao Charakter zu geben, als Anführer charismatisch zu wirken; doch der Film hebelt ihn aus. Wie schon Russell Crowe in „Noah“ sieht auch Bale zunehmend verwahrlost und abgerissen aus – womöglich der Burn-out, geschuldet dem Umgang mit diesem gnadenlosen Gott. Die Ägypter wollen nicht sprechen, die Hebräer dürfen nicht, der einsame Moses hat keine Mit- und Gegenspieler auf Augenhöhe. Scott verschenkt in Nebenrollen Sigourney Weaver („Alien“) als Pharaonengattin, Ben Kingsley („Ghandi“) als weisen Nun und Aaron Paul („Breaking Bad“) als braven Deputy Josua.

Das wird nicht einmal für eine Kontroverse reichen.

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