Stürmische Zeiten: Mauss im Verhandlungssaal des Landgerichts Bochum Foto: dpa

Seine Agentenkarriere ist legendär. Doch Werner Mauss läuft Gefahr, diese im Gefängnis zu beenden, denn die Staatsanwaltschaft wirft dem 76-Jährigen vor, im Ausland unter Decknamen Millionen schwere Stiftungen besessen und die Einkünfte nicht versteuert zu haben.

Bochum - Vor dem Bochumer Landgericht hat am Montag der Prozess gegen den Privatdetektiv Werner Mauss begonnen. Dem 76-Jährigen wird Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall vorgeworfen. Insgesamt geht es um eine Summe von 15 247 981 Euro, die der einstige Privatagent hinterzogen haben soll. Das ist eine Menge Holz, und sollte es Mauss nicht gelingen, das Gericht von seiner Unschuld zu überzeugen, wird er seine schillernde Karriere in einer Gefängniszelle beenden.

Mauss war Deutschlands berühmtester Privatdetektiv, dessen Reputation – vorsichtig ausgedrückt – umstritten ist, vor allem wegen seiner oftmals undurchsichtigen Rolle, die er im Auftrag deutscher Geheimdienste und der jeweiligen Bundesregierungen bis zur Jahrtausendwende gespielt hatte. Erst unter der rot-grünen Schröder-Regierung wurden 1998 die Beziehungen zu Mauss gekappt, der bis dahin immer wieder undercover für BND, BKA und Verfassungsschutz, aber auch für Konzerne und ausländische Auftraggeber im Einsatz war. Einen „Dunkelmann im wahrsten Sinne“ nannte ihn der Journalist Stefan Aust.

Doch der Werner Mauss, der am Montagvormittag im Bochumer Gerichtssaal steht, ist ein alter Mann. Das Gesicht ist grau und müde, ein Haarkranz umrundet den kahlen Schädel. Die kleinen Augen hinter der Brille, die auf früheren Aufnahmen des Detektivs noch so verschmitzt und durchtrieben blicken, sehen leer aus, erschöpft. Wie Mauss so da steht, in seinen billigen Anorak gehüllt, unter dem ein verknitterter dunkler Anzug hervorschaut, da könnte man meinen, hier steht ein Kaufhausdieb vor Gericht oder jemand, der aus finanzieller Not heraus gestohlen oder betrogen hat.

Geheimfonds in Panama

Aber der Detektiv ist 70 Millionen Euro schwer, mindestens. So hat er es selbst angegeben, einer Versicherungsgesellschaft gegenüber. Das war 2010. Vielleicht ist Mauss’ Vermögen aber noch deutlich höher. Laut Staatsanwaltschaft soll er „mit erheblichem Verschleierungsaufwand“ weitere rund 60 Millionen Euro in Liechtenstein, Luxemburg und auf den Bahamas angelegt haben. Aus diesen Geldanlagen soll er seit 2002 jährlich Kapitaleinkünfte zwischen zwei und fünf Millionen Euro erzielt haben. Und diese Einkünfte – so behaupten es die Ankläger auch – habe er nie versteuert. Eine Steuerverkürzung „besonders anstößigen Maßes“ sei dies, so der Staatsanwalt, die einzig in dem Streben Mauss’ nach persönlichen und wirtschaftlichen Vorteilen begründet sei.

Mauss weist dies jedoch entschieden zurück. Die auf seinen Tarnnamen auf UBS-Konten gebuchten Millionen, so stellte er es bereits vor geraumer Zeit in einer schriftlichen Einlassung dar, gehörten ihm gar nicht. Er verwalte das Geld nur treuhänderisch für einen geheimen Zusammenschluss in- und ausländischer Regierungen und Geheimdienste, auch der Vatikan gehöre dazu. Sie alle hätten demnach schon vor 30 Jahren in Panama einen gemeinsamen Geheimfonds aufgelegt, der fortan Mauss’ Spezialaufträge „zur Verbesserung des Weltfriedens“ finanzierte. So habe er beispielsweise 2012 einen Giftmord der sizilianisch-kolumbianischen Drogenmafia an dem damaligen Papst Benedikt verhindert.

Im Zeugenstand: Direktor, Minister, Kardinal

All das klingt sehr nach einer Räuberpistole, und auch beim BND schüttelt man nur ungläubig mit dem Kopf. Mauss will im Prozess jedoch Zeugen auffahren, die seine Version bestätigen können. Dazu gehören ein ehemaliger Bankdirektor, ein israelischer Minister und sogar ein Kardinal. Er selbst wird sich vor Gericht aber erst einmal nicht zur Sache äußern. Seine Verteidiger erklärten, dafür wäre eine Aussagegenehmigung „höchster deutscher Bundesbehörden“ notwendig. Und die liege noch nicht vor.

Im Vorfeld des gestern begonnenen Prozesses, der zunächst bis Jahresende terminiert ist, hatte es auf Bitten der Verteidigung zwei Vorgespräche der Prozessbeteiligten mit dem Gericht gegeben. Wie der Vorsitzende Richter Markus van den Hövel in der Verhandlung informierte, hätten die Anwälte des Angeklagten dabei die Treuhänder-Version jeweils durch weitere Details vertieft und ergänzt. Das Gericht aber, so van den Hövel, habe beide Male angesichts der Aktenlage die Plausibilität dieser Darstellung angezweifelt. Mit anderen Worten: Die Richter glauben Mauss’ Treuhand-Story nicht.