Die Evangelische Kirche hilft werdenden und alleinerziehenden Müttern bei der Suche nach einem Zuhause.. Foto: Natalie Kanter

Die evangelische Kirche auf den Fildern bietet Schwangeren seit 20 Jahren Wohnungen auf Zeit. Frauen nehmen diese in Anspruch wenn sie keine Wohnung haben und sie wissen, dass sie ihr Kind alleine großziehen werden. Eine frühere Bewohnerin erzählt von ihren Erfahrungen.

Filder - Eines ist für die junge Frau immer klar gewesen: „Abtreiben kommt nicht in Frage!“ Doch wie soll sie ein Kind allein großziehen und vor allem wo?

Vor sieben Jahren hatte sie darauf keine Antworten. Sie wusste nur, dass die Zeit drängt: „Mein Entbindungstermin war der 1. Oktober. Spätestens am 30. September musste ich aus meinem Zimmer ausziehen.“ Das Verhältnis zu ihren Vermietern, in deren früherem Kinderzimmer sie zur Untermiete lebte, war angespannt. Eine eigene Wohnung konnte sie sich nicht leisten weil sie gerade erst ihre Ausbildung begonnen hatte und wenig verdiente. Die Frau wusste nicht, was sie tun sollte und wer ihr in dieser Situation helfen könnte.

Das Wohnprojekt gibt es seit 20 Jahren

Sieben Jahre später sitzt die Frau, deren Name und Wohnort zu ihrem Schutz nicht gedruckt wird, in Elsbeth Bässlers Wohnzimmer irgendwo auf den Fildern. Vor ihr steht eine dampfende Tasse Kaffee, von der sie immer wieder einen Schluck nimmt. Neben dem Sofa auf der anderen Seite des Raums spielt ein Mädchen mit Bausteinen.

Es ist die Tochter der Frau – ihr zweites Kind. Sie hat auch ihre erste Tochter damals trotz aller Widrigkeiten bekommen. Sie ist nun sechs Jahre alt. Dass die Frau bei Bässler sitzt, hat einen besonderen Grund: Die Buchhalterin engagiert sich im Projekt „Wohnungen für Schwangere in Not und alleinstehende Mütter“ des Evangelischen Kirchenbezirks Bernhausen. Das gibt es bereits seit 20 Jahren, und in dieser Zeit haben Bässler und andere Ehrenamtliche 30 Frauen in Wohnungen des Kirchenbezirks untergebracht und betreut. „Ein Pfarrer hatte die Idee, gegen Abtreibung nicht nur zu reden, sondern auch etwas dagegen zu tun“, erinnert sich Bässler.

Frauen müssen selbst nach Hilfe fragen

Über das Projekt hat auch die junge Frau, die nun in ihrem Wohnzimmer sitzt, eine Bleibe gefunden. Zuvor hatte sie schlechte Erfahrungen bei der Wohnungssuche gemacht: „Es ist nicht möglich, auf den Fildern eine Wohnung zu finden, wenn man schwanger ist.“ Ihre Frauenärztin verwies sie an die Psychologische Beratungsstelle Esslingen des Kreisdiakonieverbands. Dort berichtete ihr eine Mitarbeiterin von dem Wohnprojekt. „Uns ist es wichtig, dass die Frauen selbst den Schritt gehen und uns nach einer freien Wohnung fragen“, sagt Bässler. Die Frau meldete sich und gemeinsam schauten sie sich Wohnungen an. Von einer war sie sofort begeistert. „Sie war so hell und hatte einen Balkon, von dem ich auf die Natur schauen konnte“, sagt sie. Sie erinnert sich genau an den Tag: „Mir war klar, dass ich dort mit dem Baby wohnen möchte. Das war ein Gefühl von Freiheit für mich.“ Sie sagte die Wohnung zu. Ein halbes Jahr vor ihrer Entbindung zog sie ein.

Die Frau macht eine Pause. Ihre jüngste Tochter ist auf ihren Schoß geklettert. Sie schmiegt sich an ihre Mutter. Die Frau streichelt sie und küsst ihre Wange. Dann erzählt sie vom ersten Kind.

Vater kümmert sich mittlerweile um die Töchter

Nach sechs Tagen im Krankenhaus fuhr der Vater die Frau und ihre erste Tochter zur Wohnung. „Nach einer Stunde war er weg und ich musste erst meine Rolle als Mutter entwickeln.“ Sie merkte schnell, was das bedeutet: „Ich musste alles für und alles mit dem Kind machen. Ich konnte oft nicht schlafen, weil das Kind geweint hat.“

Bässler, die selbst drei Kinder bekommen hat, erklärt: „Es ist viel schwieriger, allein ein Kind großzuziehen. Die Frau sagt, dass sie nicht abschalten kann. Auf der anderen Seite profitierten die Kinder davon, dass sie zu Hause ist. Und doch hält sie es für besser, alleinerziehend zu sein, als mit einem Partner zusammenzuleben, mit dem es nicht klappt. Über den Vater ihrer Kinder, der in einer anderen Stadt lebt, spricht sie nicht viel. „Er ist ein großer Individualist. Manches an ihm lässt sich nicht ändern“, sagt sie. Konkreter wird sie nicht. Und doch hat sich die Beziehung zu ihm verbessert. „Er kümmert sich um seine Töchter.“ Vor einiger Zeit ist die Frau umgezogen. Doch als Alleinerziehende eine Wohnung zu finden, sei schwierig gewesen. Fündig wurde sie bei einer Genossenschaft. „Jetzt stehe ich auf eigenen Beinen“, sagt sie und wirkt stolz. Nun muss sie sich noch über ihre berufliche Situation klar werden. In ihrem gelernten Beruf kann sie nicht arbeiten. Und doch wirkt sie zuversichtlich.