So stellt sich der Veranstalter das Dinner vor. Foto: Tailormade

Um eine neue, 33 000 Euro teure Mikrofonanlage zu finanzieren, überlässt die evangelische Johannesgemeinde ihre Kirche einem kommerziellen Veranstalter für zwei Events. Darüber wird diskutiert.

Stuttgart - Die Johanneskirche am Feuersee ist eine der schönsten Kirchen in der Stadt. Für viele Stuttgarter und Touristen ist die nach elfjähriger Bauzeit 1876 eingeweihte Kirche ein beliebtes Fotomotiv. Diese Attraktivität will sich die Gemeinde nun zu Nutze machen. Am Mittwoch und Donnerstag, 22. und 23. November, findet in „Stuttgarts einzigartiger Pop-up-Location“ unter dem Motto „Wo sich Sinne und Menschen begegnen“ ein gastronomisches Event statt. So bewirbt der Veranstalter, die Firma Tailormade, ein Abendessen mit gehobener Qualität in sakraler Atmosphäre. Johanneskirchen-Pfarrer Heinrich Schmid nennt es sogar ein „Luxus-Dinner“.

Keine Hotelnutzung in Stuttgart

In der Landeskirche und im Stuttgarter Sprengel gibt es durchaus Menschen, die eine Vermietung der Kirche für kommerzielle Zwecke mit gerümpfter Nase betrachten. Erste Bedenken hegten auch Prälatin Gabriele Arnold sowie Stadtdekan Sören Schwesig. „Aber beide stehen nun hinter uns“, sagt Pfarrer Schmid.

Auch im Kirchengemeinderat haben sie das Thema durchaus kontrovers diskutiert, wie der zweite Vorsitzende Herbert Staub bestätigt, „aber am Ende haben wir der Sache zugestimmt, weil wir ja aus dem Mangel eines Saales unsere eigenen Gemeindefeste in der Kirche feiern“. Soll heißen: Die Kirche, in der im Mittelschiff aus diesem Grund die Bänke entfernt worden sind, sei ohnedies für Feste mit Speis und Trank umgerüstet worden.

Da es sich nun aber um eine kommerzielle Nutzung handelt, hatte auch Stadtdekan Schwesig in seiner Bewertung „des Gastmahls mit Qualität“ mit sich gerungen. Die Bilder von Kirchen in England oder Holland, die zu Restaurants oder Hotels umgewidmet wurden, sind ihm ein Graus. So etwas will er in Stuttgart nicht erleben. „Die Würde des Ortes und speziell des Altarraumes darf nicht verletzt werden“, legte Schwesig fest.

Eine Forderung, der Sascha Penna vom Veranstalter Tailormade nachkommen will: „Wir gehen sehr sensibel und feinfühlig mit diesem Ort und den Gefühlen der Menschen um.“ Weiter sagt er: „Wir wollen die Johanneskirche auf eine ganz besondere Art und Weise erlebbar machen und dazu gehört auch, dass dieser spirituelle Raum für sich die volle Entfaltung erlangen kann – ohne jegliche christliche Symbolik unserseits.“ Notwendig wird die Vermietung aus einem einzigen Grund. Pfarrer Schmid will dabei nichts beschönigen: „Wir brauchen Geld.“ Konkret fehlen der Gemeinde 33 000 Euro für eine neue Mikrofonanlage. „Bei der alten gibt es sonntags immer Störungen durch die umliegenden Funker“, erklärt Pfarrer Schmid, „daher brauchen wir dringend eine neue.“

Einen Ausverkauf seiner Kirche wird Schmid nie zulassen

Normalerweise stürzen Investitionen dieser Dimension eine städtische Kirchengemeinde nicht unbedingt in den Ruin. Bei der Johanneskirche ist der Fall jedoch spezieller. Die Gemeinde betreibt auch das Waldheim in Botnang und muss daher große Lasten tragen. „Allein die Beseitigung von Totholz, um das Waldheim sicher zugänglich zu halten, verschlingt 22 000 Euro“, sagt der Pfarrer, „daher schlägt die Mikroanlage nun ins Kontor.“

Allen finanziellen Nöten zum Trotz: einen Ausverkauf seiner Kirche wird Schmid nie zulassen. „Wir schauen uns die Sache jetzt genau an und werden sie sehr sorgfältig analysieren“, sagt er, denn eines sei klar: „Wir wollen keine Gefühle von Menschen und Mitchristen verletzen.“ Damit kann sich auch Sören Schwesig anfreunden. „Wenn die Würde des Ortes gewahrt bleibt, ist eine gewisse Öffnung der Kirche möglich.“ Beispiele sind etwa Konzerte oder kulturelle Veranstaltungen in der Vesperkirche oder gar seine eigenen Auftritte als Kabarettist in Kirchen: „Grundsätzlich gibt es Nutzungen neben dem Kirchenraum“, so Schwesig, „aber wenn, wie in England aus Kirchen Kneipen werden, ist das ein No-Go.“