Experten rechenen damit, dass die Talfahrt des Euro anhält Foto: dpa

Der Euro kennt derzeit nur eine Richtung: nach unten. Seit Mai hat die Währung gegenüber dem Dollar sieben Prozent eingebüßt. Auch zu anderen wichtigen Währungen lässt der Euro nach. Experten rechnen damit, dass die Talfahrt anhält.

Der Euro kennt derzeit nur eine Richtung: nach unten. Seit Mai hat die Währung gegenüber dem Dollar sieben Prozent eingebüßt. Auch zu anderen wichtigen Währungen lässt der Euro nach. Experten rechnen damit, dass die Talfahrt anhält.
 
Warum sinkt der Euro-Kurs?
Die Kurse von Dollar und Euro werden maßgeblich von der ökonomischen Entwicklung und den Zinsen in beiden Wirtschaftsräumen geprägt. Insofern ist die Entwicklung des Euro in den vergangenen Monaten logisch: Die Wirtschaft in den USA läuft deutlich besser als in der Euro-Zone – wo nicht nur die Krisenländer Schwierigkeiten haben, sondern auch Frankreich kaum vorankommt und zuletzt sogar die Konjunkturlokomotive Deutschland schwächelte. In den Vereinigten Staaten wird die Wirtschaft Prognosen zufolge 2014 mit etwa zwei Prozent wachsen, die Euro-Zone allenfalls um 0,9 Prozent. Auch die Zinsunterschiede werden größer: Zehnjährige US-Staatsanleihen rentieren aktuell mit knapp 2,60 Prozent, zehnjährige Bundesanleihen dagegen bringen nur rund ein Prozent. Anlagegeld fließt deshalb verstärkt in den Dollar-Raum. Das alles schwächt den Euro.
Welche Rolle spielen die Notenbanken?
Die Europäische Zentralbank (EZB) betreibt offiziell keine Wechselkurspolitik. Tatsächlich aber ist ihr Einfluss auf den Wert des Euro beträchtlich. Die überraschende Senkung des Leitzinses Anfang September auf nur noch 0,05 Prozent und die Ankündigung eines Kaufprogramms für Anleihen haben den Euro unter die Marke von 1,29 Dollar gedrückt. Angesichts guter Konjunkturdaten und sinkender Arbeitslosigkeit fährt die US-Notenbank Fed den gegenteiligen Kurs: Sie reduziert ihr Kaufprogramm für Anleihen Monat für Monat. Auf dem Höhepunkt hatte sie Papiere für 85 Milliarden Dollar (65,6 Milliarden Euro) gekauft. Über den Kauf von Staatsanleihen und Hypothekenpapieren hat die Fed so Milliarden in den Finanzmarkt gepumpt und auf diese Weise Staat und Banken mit frischem Geld versorgt. Inzwischen hat die Notenbank ihren Kurs geändert und drosselt die Anleihkäufe. Aktuell gibt sie dafür nur noch 15 Milliarden Dollar (11,6 Milliarden Euro) aus. Im Oktober soll das Programm ganz auslaufen. Schon im Frühjahr 2015 könnte die Fed den Leitzins von derzeit 0,25 Prozent erstmals seit Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 wieder erhöhen, schätzt Commerzbank-Ökonom Christoph Balz. Das wird den Dollar weiter stärken.
Was bedeutet die Schwächung des Euro für deutsche Unternehmen?
Auf der einen Seite werden Importe und Rohstoffe, die in Dollar bezahlt werden, teurer, auf der anderen Seite Maschinen, Anlagen und Autos, sofern sie in Deutschland produziert werden, billiger. „Der niedrige Euro-Kurs und die sehr guten Aussichten für die US-Konjunktur sollten deutschen Exporten wieder etwas Schub geben“, sagt Hans-Joachim Massenberg vom Bundesverband Deutscher Banken. Allerdings: 60 Prozent der deutschen Exporte gehen in die Euro-Zone und die EU. Und in der Euro-Zone besteht kein Wechselkursrisiko.
Welche Rolle spielt der schwächere Euro für den Ölpreis und damit auch für die Preise an der Tankstelle?
Im Prinzip verteuert ein schwächerer Euro Öl und damit auch den Sprit an der Tankstelle. Denn Öl muss mit Dollar bezahlt werden. Derzeit aber ist der Effekt kaum zu spüren, weil Öl so günstig ist wie lange nicht mehr. Das Barrel (auf Deutsch: Fass), also 159 Liter Öl, kostet derzeit weniger als 100 Dollar (rund 77 Euro). Mitte 2013 waren es noch mehr als 115 Dollar (etwa 89 Euro).
Leidet der Verbraucher unter dem schwächeren Euro?
An der Tankstelle könnten Diesel und Benzin noch günstiger sein. Teurer werden Reisen in die USA und in andere Länder, in denen mit Dollar bezahlt werden muss. Wie sich der aktuelle Trend in ihrer Reisekasse bemerkbar macht, zeigt ein Rechenbeispiel: Für ein Frühstück, das in New York gleichbleibend 4,79 Dollar kostet, mussten Touristen aus der Euro-Zone zur Euro-Spitzenzeit 2006 umgerechnet nur rund drei Euro umtauschen, im Mai 2014 dagegen schon 3,45 und mittlerweile sogar etwa 3,69 Euro. Auch für Englandreisende gibt es dieses Problem. Währungseffekte sind allerdings für all die Urlauber kein Thema, die ihre Ferien in der Heimat oder den 17 Partnerländern der Euro-Zone verbringen. Anleger, die auf US-Aktien oder auf Dollar-Fonds setzen, müssen ebenfalls mehr auf den Tisch legen.
Hat der schwächere Euro Folgen für die Inflationsrate?
Auch hier gilt: Im Prinzip ja. Denn Importe, die in Dollar bezahlt werden, verteuern sich. Allerdings ist kein deutlicher Anstieg der Preise zu erwarten. Ökonomen rechnen damit, dass die Inflationsrate in Deutschland in diesem Jahr auf 1,1 Prozent leicht ansteigt. Und nächstes Jahr weiter auf zwei Prozent klettert. Dieses Niveau signalisiert nach Auffassung der Europäischen Zentralbank und auch der Bundesbank Preisstabilität.
Wie weit könnte es mit dem Euro noch nach unten gehen?
Auf den bisherigen Tiefstand von 0,82 Dollar (0,63 Euro) im Jahr 2000 dürfte der Euro kaum abrutschen. Aber Kurse von 1,20 Dollar (0,93 Euro) oder weniger bis Ende 2015 halten Volkswirte durchaus für möglich, sie warnen aber vor einer weiteren Schwächung. Ein zu weicher Euro könne den Konsum und damit die Konjunktur insgesamt bremsen. Trotzdem ist die weitere Abschwächung wahrscheinlich: Während die US-Notenbank die geldpolitischen Zügel allmählich wieder leicht anzieht, wird die EZB auf absehbare Zeit den Leitzins nicht erhöhen. Möglicherweise pumpt sie sogar noch mehr Geld in den Bankenmarkt, um die Institute vor allem in den Krisenländern wieder zur Vergabe von mehr Krediten an Unternehmen und Verbraucher zu bewegen – und damit die Konjunktur anzukurbeln. Für Verbraucher und Anleger in Deutschland heißt das: Kredite und Baugeld bleiben weiter günstig, die Zinsen fürs Sparbuch und fürs Tagesgeld bleiben dagegen eher dürftig.