Mario Gomez (re.), Foto: dpa

Tore sind die besten Argumente eines Stürmers: Aber an Mario Gomez scheiden sich die Geister.

Nanu, da hatte wohl einer den Flieger verwechselt! Mario Gomez saß auf dem Rückflug von Lemberg nach Danzig ganz vorne, Platz 1A – aber in welchem Flugzeug denn? In dem der Journalisten. Die Mannschaft war längst abgeflogen. Maschine verpasst? Nicht direkt. Gomez musste wie Holger Badstuber nach dem 1:0 gegen Portugal zur Dopingprobe. „Das hat etwas länger gedauert“, sagte er schmunzelnd.

Es war ähnlich wie zuvor im Spiel. Mario Gomez ließ sich viel Zeit, benötigte einen langen Anlauf – und war dann im entscheidenden Moment zur Stelle. Es war, wenn man so will, ein Stuttgarter Tor. Sein Kopfball nach Flanke von Sami Khedira passte haargenau ins Toreck. Der eine Ex-VfB-Profi bediente den anderen. „Wie früher“, sagte Gomez, der gemeinsam mit Khedira und dem VfB 2007 deutscher Meister war.

Es war die Befreiung in einem Spiel, in dem sich die Auswahl des dreimaligen Weltmeisters über die Maßen schwertat. Die Befreiung für die Mannschaft – und speziell für Gomez. Bei der EM 2008 und der WM 2010 war er noch ohne Torerfolg geblieben – jetzt traf er bei seiner dritten Turnierteilnahme gleich im ersten Spiel. Was gar nicht so selbstverständlich war. Denn dass er da überhaupt auf dem Platz stand, hatte er erst einmal dem glücklichen Händchen von Joachim Löw zu verdanken.

„Der Ball war abgefälscht. Er kam mir genau auf den Schädel, es war nicht ganz so schwer“

Der Bundestrainer hatte die Erfolgsaussichten mit Gomez auf der einen und mit Miroslav Klose auf der anderen Seite abgewogen – und sich für Gomez entschieden. Der Münchner habe beim FC Bayern im Gegensatz zu Klose bei Lazio Rom „das ganze Jahr gespielt und viele Tore gemacht“. Dass er seinen 45. Treffer im 58. Pflichtspiel dieser Saison gerade in der 72. Minute erzielte, war eine glückliche Fügung. Bei seinem Kopfball stand Klose längst zur Einwechslung an der Seitenlinie. „Wir wollten zwei Minuten früher wechseln. Aber der vierte Schiedsrichter hat so lange gebraucht, das anzuzeigen“, sagte Löw. Ein Glück für Gomez, der auch im Triumph bescheiden blieb: „Der Ball war abgefälscht. Er kam mir genau auf den Schädel, es war nicht ganz so schwer.“

Trotz seines Tores muss sich Gomez weiter seiner Kritiker erwehren. Sie tun sich nach wie vor schwer mit dem kantigen Stürmer, allen voran Ex-Nationalspieler Mehmet Scholl. „Dass ein Stürmer nicht nach hinten arbeitet, das gibt es eigentlich im modernen Fußball nicht mehr. Dass einer auf die eine Flanke wartet. Das ist zu wenig“, befand der ARD-Experte und giftete: „Ich hatte zwischendurch Angst, dass er sich wund liegt und mal gewendet werden muss.“

Bitte, Gomez ist kein spielender Stürmer wie Klose, der die Gegenspieler bindet und auch Räume für die Mitspieler schafft. Der Bundestrainer weiß trotzdem, was er an ihm hat. „Eine Chance – ein Tor!“, sagt Löw. Auch das ist ein Zeichen von Qualität. Er muss sie nur weiter so konsequent ausspielen wie gegen Portugal. Nur mit Toren kann Gomez seine Kritiker besänftigen – und im besten Fall überzeugen.