Bauarbeiter aus Polen und Ungarn müssen in Deutschland den Mindestlohn bezahlt bekommen. Foto: dpa

Bei der Entsenderichtlinie muss die EU die unterschiedlichen Interessen im Blick behalten. Der Vermittlung zwischen Eindämmung von Lohndumping und der Philosophie des Binnenmarktes wird schwierig, meint Markus Grabitz.

Brüssel - Der Binnenmarkt ist das große Pfund, mit dem die EU wuchern kann. Der freie Fluss von Waren, Kapital, Personen und Dienstleistungen in einem Markt mit 500 Millionen Verbrauchern bewirkt eine wirtschaftliche Dynamik, von der alle 28 Mitgliedsländer profitieren. Für Arbeitnehmer und Dienstleistungen gilt das Versprechen der Grenzenlosigkeit in der EU nur eingeschränkt. Die Entsenderichtlinie führt dazu, dass Betriebe aus Niedriglohnländern wie Polen und Ungarn ihre Wettbewerbsvorteile in Deutschland und anderswo nicht voll ausreizen können. Sie müssen, wenn sie als Subunternehmer in Deutschland tätig sind, den Arbeitern den tariflichen deutschen Mindestlohn zahlen. Und in Zukunft sollen sie noch eine Schippe drauflegen.

Vor allem Frankreichs Präsident Macron will die heimische Wirtschaft abschotten

Denn die EU geht daran, die Entsenderichtlinie zu reformieren. Dabei muss behutsam vorgegangen werden. Es gilt eine Gratwanderung vorzunehmen, zwischen dem berechtigten Anspruch, Lohn- und Sozialdumping einzudämmen, und der Philosophie des Binnenmarktes zuwider laufenden Bestrebungen, die heimische Wirtschaft gegen Konkurrenz aus dem Ausland abzuschotten. Vor allem Frankreichs Präsident Macron führt Letzteres im Schilde. Deutschland muss in den Verhandlungen aufpassen, nicht von Frankreich über den Tisch gezogen zu werden.