Der Grenzübergang am Brennerpass zwischen Österreich und Italien: Laut EU-Kommission wäre eine Schließung der Passage eine „politische Katastrophe“. Foto: dpa

Eine Schließung des Brenner-Passes zwischen Österreich und Italien wäre nach Ansicht der EU-Kommission „eine politische Katastrophe“. Die Mittelmeer-Passage als Ausweichroute soll von Flüchtlingen jedoch gar nicht erst genutzt werden.

Potsdam/Berlin - „Der Brenner-Pass ist das Symbol für den Zusammenhalt zwischen Nord- und Südeuropa“, sagte ein Kommissionsvertreter in Berlin. Zugleich widersprach er Bundesinnenminister Thomas de Maiziere, dass im Streit zwischen Österreich und Italien über Grenzkontrollen vor allem die Regierung in Rom in der Pflicht sei. „Was am Brenner geschieht, liegt zuallererst und vordringlich in der Hand Italiens“, hatte de Maiziere bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem neuen österreichischen Kollegen Wolfgang Sobotka am Freitag in Potsdam gesagt.

„Dies ist eine Aufgabe, die sicher Italien, aber eben auch Österreich und die EU insgesamt angeht“, hieß es in der Kommission. Es gebe nach dem EU-Türkei-Abkommen darum, nun auch eine gemeinsame Regelung für sie sogenannte Mittelmeer-Route zu erreichen, auf der Flüchtlinge und Migranten meist über Libyen nach Italien gelangen. Derzeit beobachte man aber vor allem „Muskelspiele“ der Beteiligten. Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi habe schon vor Tagen einen umfassenden Plan vorgelegt, der sich in weiten Teilen mit Vorschlägen der Kommission decke.

Sorge vor steigenden Flüchtlingszahlen

De Maiziere erklärte, man habe Sorge, dass es über Libyen und Italien erneut zu steigenden Flüchtlingszahlen in Europa kommen werde. Sein österreichischer Kollege Sobotka machte deutlich, dass es Aufgabe Italiens sei, einen massenhaften Andrang von Flüchtlinge an der Grenze zu verhindern. In Libyen warteten schätzungsweise zwischen 200.000 und einer Million Menschen auf die Gelegenheit, in die EU zu reisen, sagte der Österreicher. Rund 70 Prozent davon seien Wirtschaftsmigranten. Österreich wolle nicht, dass seine Grenzen überrannt würden. Daher seien Vorbereitungen für den Bau eines Zauns am Brenner-Pass und eines Registrierzentrums getroffen worden. Die Barriere solle aber nur errichtet werden, falls es nötig sein sollte.

„Wir brauchen eine europäische Gesamtlösung“, sagte Sobotka. Solange es die nicht gebe, müsse eine nationale Vorsorge getroffen werden. De Maiziere räumte ein, für eine europäische Lösung brauche es noch „ein paar Tage Zeit“. Der deutsche Minister hob hervor, durch das Abkommen zwischen der EU und der Türkei habe sich die Balkanroute „erledigt“.

Mittelmeer-Passage als Ausweichroute

Über die Balkanstaaten waren bislang die meisten Flüchtlinge nach Zentraleuropa gereist, nachdem sie von der Türkei nach Griechenland übersetzten. Befürchtet wird, dass die Passage über das Mittelmeer nach Italien für Hunderttausende Hilfesuchende zur Ausweichroute wird. Beide Minister plädierten daher für Abkommen mit den Maghreb-Staaten analog zum EU-Türkei-Abkommen.