Noch einmal geben die Schwimmer alles, um den Rekord zu unterbieten. Foto:  

Der Schwimmsport Verein Esslingen (SSVE) setzt zum Weltrekordversuch an – am Ende fehlen dazu ein paar Minuten, doch die Wasserballer werden zur besten europäischen 1000-mal-50-Meter-Staffel.

Esslingen - Sie sind bestens vorbereitet, motiviert und voller Elan. Am Sonntag hat der SSV Esslingen einen Weltrekordversuch unternommen. Zu unterbieten waren der Schwimmweltrekord von 1000 mal 50 Meter Freistil, den die Esslinger in weniger als acht Stunden, vier Minuten und 39 Sekunden schaffen wollten. Das heißt, jeder Athlet musste die 50-Meter-Bahn unter 29 Sekunden schwimmen.

Platsch! Einer der 16 Kampfrichter äugt über das Beckenrand, um sich zu vergewissern, dass der nächste Schwimmer der Staffel nicht zu früh ins Wasser gesprungen ist. Denn sonst bekommt die Staffel eine Strafzeit aufgebrummt. Das Wetter ist prächtig, das Schwimmbad des SSV Esslingen auf der Neckarinsel mit 200 Leuten besetzt, die Sonne sticht, das Wasser glitzert. Windmühlenartig lassen die Schwimmer die Arme kreisen, weiße Wasserfahnen spritzen hoch.

Wie immer beim Sport geht es nicht nur um Sport

„Das sind echte Wasserballer“, sagt die Vereinspräsidentin Carola Orszulik, „die schwimmen mehr aus den Armen heraus als aus den Beinen.“ Deshalb sei auch für die Athleten des SSV das Bahnen-Ziehen eine Herausforderung, „gewöhnt sind sie die Zwölf-Meter-Sprints.“

Doch an diesem Sonntag wollen sie diese Distanz schaffen, diese acht Stunden durchhalten, in der Arme und Beine schwer werden und der Körper ausgepowert wird. Die Physiotherapeuten Martin und Sabine Kober aus Ostfildern-Nellingen unterstützen die Athleten. Sie massieren Arme und Beine, ein Schwimmer bekam schwere Atemprobleme, doch sie machten auch ihn wieder fit.

Um 11.43 Uhr sind die Schwimmer noch voller Energie und locker, dennoch liegen sie etwa eine Minute hinten. Carola Orszulik ist ein bisschen nervös. Schließlich hat sie in einer unermüdlichen Fleißarbeit diesen Weltrekordversuch geplant. Die Kampfrichter, Notare, Polizisten, Feuerwehrleute aufgetrieben und die Staffeln organisiert, einen Moderator gewonnen und unzählige Helfer motiviert.

Wie immer beim Sport geht es nicht nur um Sport. Der Verein braucht Geld, will seine antiquierten Trainingsverhältnisse verbessern, um seine Klasse zu halten, denn die Konkurrenz schläft nicht.

Die Wunschliste des SSV ist groß geworden. Toiletten und Duschen müssen gerichtet werden, eine Rampe für den barrierefreien Zugang braucht das Bad, ein Blockheizkraftwerk muss her und vor allem eines: Eine Traglufthalle wie in Stuttgart, die das Becken im Winter überdacht, damit die Sportler auch bei tiefen Temperaturen trainieren können. Wenn es außen drei, vier Grad hat, dann verhärten die Muskeln sofort, sinnvolles Training sieht anders aus.

Auf den letzten 70 Bahnen geben sie noch einmal alles

Valentin Finkes hat einen feuchten Händedruck. Müde wuchtet sich der Schwimmer aus dem Wasser und lässt sich dann sofort wieder von der Begeisterung seiner Sportkameraden anstecken.

Jetzt, am späten Nachmittag, auf den letzten 70 Bahnen, geben sie noch einmal alles. Als hätten sie nicht den ganzen Tag gegen die Uhr und für den Rekord gekämpft, wären nicht ins Hintertreffen geraten und hätten sich nicht wieder herangekämpft. 15 von 35 Schwimmern, meist vereinsfremde, mussten aufgeben oder aus dem Rennen genommen werden, weil sie zu langsam waren. Die anderen Schwimmer mussten ihren Part mitübernehmen. Klar ist, der Weltrekord ist nicht mehr zu schaffen, jetzt um 18 Uhr geht es um den Europa-Rekord und den Deutschland-Rekord.

Nervös läuft Carola Orszulik am Beckenrand auf und ab. Valentin Finkes tritt an zur letzten Bahn, schon wollen die Schwimmer jubeln, da greift der Notar ein, es fehlen noch zwei Bahnen. Zwei weitere Schwimmer gleiten ins Wasser. Um 18.13 Uhr ist der Rekord geschafft. Jubel brandet auf, begeistert springen alle Schwimmer ins Wasser. Auf einer Hebebühne verkündet der Moderator die Zeit. Die Esslinger sind die 1000 mal 50 Meter in 8 Stunden und 14 Minuten geschwommen und haben den Europarekord um drei Minuten unterboten.