Die Landschaft am Albtrauf, hier die Lange Steige bei Lenningen, gilt den Tourismusexperten als Alleinstellungsmerkmal. Foto: Horst Rudel

Gemeinsam mit dem Landkreis Reutlingen und dem Biosphärengebiet will der Landkreis Esslingen Premiumwanderwege am Albtrauf und auf der Alb auszeichnen. Hier soll der Wandergast König sein.

Esslingen - Noch kommt der Vorstoß ziemlich verwaltungstrocken daher. „Wanderkonzeption Mittlere Alb, Albtrauf und Biosphärengebiet Schwäbische Alb“ so lautet der Arbeitstitel, unter dem eine Reihe von Akteuren aus den Kreisen Esslingen und Reutlingen die Wanderstiefel geschnürt haben. Der griffige Name fehlt zwar noch, doch wohin der Weg führen soll, ist unstrittig. Nach dem Vorbild der Traumpfade im Dreieck Rhein/Mosel/Eifel, der Donauwellen bei Tuttlingen und der Traufgänge rund um Albstadt sollen bald ausgewiesene Premiumwege die Wanderfreunde in die Region um Neuffen, Teck und Reußenstein locken.

„Die Gegend hier kann mit dieser Konkurrenz locker mithalten“, das ist die Botschaft, die Jochen Becker vom Projektpartner Wandern dem Kreistagsausschuss für Umwelt und Technik am Donnerstag verkündet hat. Den Albtrauf im Blick, die regionale Küche auf dem Teller, Sagen und Mythen im Kopf – und das alles noch im Stammland des Wanderns, das sind nach Einschätzung des Fachmanns die Pfunde, mit denen es zu wuchern gilt.

Was zählt ist das Erlebnis einer ausgesucht schönen Tour

„Mit 300 Kilometern Wanderwegen allein kommt man nicht mehr weiter. Was zählt, ist das besondere Erlebnis, die ausgesucht schöne Tour“, sagt Becker. Wandern sei kein Sport oder Gruppenvergnügen mehr, sondern ein Lebensstil. Dafür gibt der Genusswanderer moderner Prägung auch viel Geld aus. „Bei 915 000 Übernachtungen im vergangenen Jahr hat die Traumpfade-Region an der Mosel einen Bruttoumsatz von rund 85 Millionen Euro gemacht“, rechnet Becker vor. Und in Albstadt hätten die einschlägigen Betriebe entlang der Albtraufgänge gut 200 Prozent mehr Gewerbesteuer in die Gemeindekassen abgeführt.

Für den Erfolg macht Becker mehrere Faktoren verantwortlich: eine exklusive Positionierung als Wandermarke, eine unmissverständliche und klare Beschilderung, die Pflege der Wege durch Wegepaten und vor allem die konsequente Umsetzung der Erkenntnis, dass der Wandergast König ist. Es funktioniere nicht, so Becker, wenn ein Wanderweg aus Paritätsgründen alle Ortsteile streifen müsse. Auf solche Befindlichkeiten pfeife der Wanderer. „Jeder Schritt muss ein Erlebnis sein“, fasst Becker die Ansprüche an einen Premiumwanderweg zusammen. Das bevorzugte Terrain des trittfesten Naturfreunds seien schmale Pfade und Graswege. Und auf dass der Genusswanderer, der sich anders als die Wanderprofis vergangener Tage meist ohne vorherigem Kartenstudium aufmacht, die Umgebung zu genießen, auf den Trampelpfaden nicht fehlgehe, sei eine gute Wegweisung doppelt wichtig.

160 000 Euro für Werbemaßnahmen

Bevor jedoch der Wanderer vor dem ersten Richtungspfeil im Wald steht, muss ihm erst einmal der Weg an den Albtrauf oder auf die Alb gewiesen werden. Das soll das Marketing leisten, für das die Wanderkonzeption einen Etat in Höhe von 160 000 Euro pro Jahr vorsieht. Anteilig kommen auf den Landkreis 30 000 Euro zu. Das Geld kann der Esslinger Landrat Heinz Eininger schon mal in den Rucksack packen. Der Ausschuss hat die entsprechenden Mittel einstimmig genehmigt.