Bei seiner Eröffnung im Jahr 2009 war das Eco-Inn als Jugendgästehaus geplant. Es sollte eine Lücke im Übernachtungsangebot der Stadt schließen, die durch das Ende der Jugendherberge auf dem Zollberg entstanden war. Foto: Horst Rudel

Die Stadt will im Konflikt zwischen dem Hotel Eco-Inn und dem Jugendhaus Komma wegen nächtlicher Ruhestörungen vermitteln und lädt die Parteien zu Gesprächen ein. Das Ziel ist es, den Zustand vor der Eskalation des Konfliktes wiederherzustellen.

Esslingen - Im Streit zwischen dem Esslinger Jugendzentrum Komma und seinem Nachbarn, dem Hotel Eco-Inn, wegen Ruhestörungen meldet sich nun auch eine Comicfigur zu Wort: die smarte Elsie La Duke. Sie bezeichnet das Eco-Inn „als kommerzielles Projekt, das sich seinen Platz im Dorf mit dem Argument sozialer Nachhaltigkeit erkauft hat“, so steht es auf Postkarten zu lesen, die in der Stadt kursieren.

Die Comicfigur sagt, was viele Esslinger denken: Das kommerzielle Hotel als Neuankömmling stellt eine gewachsene, 30 Jahre alte kommunale Struktur infrage, für die in den 1980er Jahren eine Generation von jungen Esslingern gekämpft hat, und zwar teilweise mit harten Bandagen. Es gab eine Hausbesetzung in der Plochinger Straße, danach wurde das autonome Kukoze gegründet, bis die Jugendkultur im Komma in einer denkmalgeschützten ehemaligen Fabrik eine Heimat fand. Doch nun ist es wegen der Beschwerden aus dem Hotel in seiner Existenz gefährdet.

30 Jahre lang war der Betrieb des Kommas mit seiner Kneipe einigermaßen gutgegangen. Künstler siedelten sich an, die Kulturspinnerei wurde eröffnet, bis im Jahr 2009 das Hotel Eco-Inn als neuer Nachbar auf den Plan trat. Nicht nur vertraglich, sondern auch konzeptionell war es als Jugendgästehaus geplant und sollte Synergien mit dem Jugend- und Kulturzentrum Komma schaffen. Jetzt schafft es seinem Nachbarn Ärger. Die Hotelgäste beschweren sich besonders im Sommer über den Lärm der Konzerte und der jugendlichen Konzertbesucher im Hof. Nach der letzten Eskalation bei einem Konzert, als die Polizei anrückte und ein Bußgeld verhängte, warf Michael Belthle, der Kneipier des Kommas, das Handtuch.

Unter dem Druck ständiger Sanktionen könne man keinen Konzert- und Kneipenbetrieb aufrechterhalten, sagte er. Die Schließung dieses nicht kommerziellen Betriebs, der für das Komma existenziell ist, löste einen Sturm der Empörung aus. Die Parteien mahnten zu Gesprächen, die Jugendverbände der Stadt stellten sich ausnahmslos hinter das Komma, auch die Esslinger Antifa meldete sich mit einer Unterstützungsadresse zu Wort.

Gleichzeitig positionierte sich die Leitung des Eco-Inn. Der Hotelmanager Thomas Puchan pochte auf die Einhaltung der Polizeivorschriften, denen zufolge nach 23 Uhr im Außenbereich Ruhe herrschen muss: „Wir wollen nichts weiter, als in Ruhe unser Geschäft zu machen.“ Der Geschäftsführer Rainer Dold erklärte in unserer Zeitung, das Hotel sei nie als Jugendgästehaus für Jugendgruppen und -freizeiten geplant gewesen.

Gerade diese vor wenigen Tagen getätigte Aussage hat die Jugendverbände erneut auf die Palme gebracht. Denn nicht nur der Stadtjugendring, sondern auch der Jugendgemeinderat hatte sich in den Jahren vor 2009 für ein Jugendgästehaus eingesetzt. Daher gibt es noch viele Menschen in der Stadt, die schriftliche Unterlagen aus der Zeit aufgehoben haben. Daraus geht ganz klar hervor, dass zumindest nach dem damals im Bauausschuss vorgelegten Konzept das Eco-Inn als Jugendgästehaus auch für Gruppenfreizeiten gedacht war.

Jetzt fühlen sich die Jugendverbände hintergangen, zumal seit der Schließung der Jugendherberge auf dem Zollberg günstige Übernachtungen für Jugendliche und Rucksacktouristen in der Stadt fehlen. In der Zeit vom 25. August bis zum 11. September beispielsweise ist laut der Homepage des Eco-Inns, Stand 24. August, kein Zimmer unter 83 Euro mehr zu haben. Dabei brauchen die Jugendorganisationen dringend billige Übernachtungsmöglichkeiten. „Wir können in Esslingen praktisch keine internationalen Jugendbegegnungen mit unseren Partnerstädten machen, weil es kein Hostel in der Stadt gibt“, sagt Markus Benz, der Geschäftsführer des Stadtjugendrings. Die letzten Gäste des Stadtjugendrings mussten auf dem Gelände der neuen Weststadt zelten.

Auch das Komma bedauert, dass die Übernachtungen für Musiker und jugendliche Konzertbesucher im Eco-Inn zu teuer seien. Der Veranstalter Jörg Freitag weist darauf hin, dass das Komma mehr sei als ein reiner Konzertbetrieb: „Wir machen auch viele Veranstaltungen zur politischen Bildung, gegen Antisemitismus oder Rechtsextremismus, aber auch den Science-Slam und den Esslinger Poetry-Slam.“ Mehr als 100 Veranstaltungen pro Jahr bietet das Komma, das Programm ist preisgekrönt und teilweise deutschlandweit bekannt. Rainer Dold hatte vorgeschlagen, das Komma solle sich in Zukunft auf drei bis vier Veranstaltungen pro Jahr beschränken – oder vielleicht auch wegziehen. Gerade Letzteres findet Jörg Freitag ein „verheerendes Zeichen, wenn junge Menschen aus der Innenstadt vertrieben werden“.

Wie der Konflikt ausgehen wird, das ist noch offen. Der Esslinger Kulturbürgermeister Markus Raab hat für den Anfang der kommenden Woche zu einem Gespräch eingeladen. Sein Ziel ist es, „den Zustand vor der Eskalation des Konfliktes wiederherzustellen“. Aber auch er macht deutlich, wie viel das Komma der Stadt wert ist: „Es ist ein Standort von herausragender Bedeutung.“ Selbst wenn man in Erwägung ziehe, das Komma zu verlegen, müsse es doch in der Innenstadt bleiben, schon allein deswegen, weil Jugendliche nur eingeschränkt mobil seien. Raab erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass man nahezu ein Jahrzehnt nach einem innerstädtischen Standort für das Kulturzentrum Dieselstraße gesucht habe – und letztlich dann doch gescheitert sei.