Die Weinlese läuft bei vielen Betrieben bereits in vollem Gange. Foto: Ines Rudel

Warmes Klima, die Kirschessigfliege und ein Pilz sind die Ursache für eine vorgezogene Traubenernte – zumindest bei Weinbauern in Esslingen.

Esslingen - Hans Kusterer steht in seinem Weinberg und zeigt auf die roten Trauben in seiner Hand. „Wir müssen jetzt reagieren, sonst schmeckt man das“, sagt der Esslinger Weinbauer und deutet auf einzelne matschige Trauben: „Sie sind von der Kirschessigfliege befallen. Sie vermehrt sich rasend schnell und legt ihre Eier in den Trauben ab.“ Die befallenen Stellen müsse man einzeln herausschneiden, sagt Kusterer. „Außerdem haben wir es mit Botrytis zu tun, einem Pilz, der auch die Reben befallen hat. Jetzt muss es schnell gehen“, sagt der Wengerter.

Hans Kusterer hat wie einige seiner Kollegen in diesem Jahr deutlich früher als sonst mit der Weinlese begonnen. „Historisch früh“, sagt er. Vier Wochen früher sei er mit der Ernte dran. Das habe es in den letzten hundert Jahren nicht in diesen Breiten gegeben, meint der Weinbauer. Schuld an der frühen Weinlese seien jedoch nicht nur die Kirschessigfliege und der Pilz, sondern in erste Linie die Klimaverschiebungen.

Ernte ist trotz allem ergiebig

„Der Austrieb an den Pflanzen kam bereits im März, normalerweise passiert das erst im April. Aber da war schon einiges gesprießt, und dann kam der Frost. In einer Nacht Mitte April hatten wir hier minus sieben Grad“, blickt Kusterer zurück.

Doch jammern kann er nicht. „Dass wir trotz allem noch so einen guten Ertrag haben, ist fast ein Wunder“, sagt er. Klar, dauere die Lese nun länger, weil alles fein säuberlich begutachtet und ausgeschnitten werden müsse, „aber für ein Jahr wie dieses, können wir uns wirklich nicht beklagen“, erzählt der Esslinger Weinbauer. Bereits jetzt hat er Portugieser, Dornfelder, Grauburgunder, Chardonnay und Trollinger gelesen.

Auch die Weingärtner in Esslingen haben in dieser Woche mit der Weinlese begonnen. Jochen Kenner hat in seiner Lage an der Burg einen kleinen Teil Trauben geerntet. „Mit der Hauptlese fangen wir aber erst nächste Woche an“, sagt er. Die Kirschessigfliege habe sich auch an seinen Pflanzen zu schaffen gemacht, „nicht in dramatischem Umfang“, winkt Kenner ab. „Es ist alles etwas hektischer als sonst, wir haben noch nicht einmal den Leseplan fertiggestellt“, fasst die Geschäftsführerin der Esslinger Genossenschaft, Ramona Fischer, zusammen, wie sich die frühe Lese auswirkt. Doch es gebe auch Vorteile: „Wenn früher gelesen wird, sind die Weine auch früher im Verkauf“, sagt sie.

Manche Weinbauer setzen auf Herbstsonne

Nicht nur in Esslingen haben die Weinbauern bereits angefangen ihre Trauben zu ernten. Im Remstal rücken die Erntehelfer und Weingärtner ebenso seit dem Wochenbeginn den Reben zu Leibe. Nicht zuletzt, weil ihnen der Appetit von Vögeln und Insekten Sorge bereitet. Die Remstalkellerei hat frühe Sorten wie Acolon, Regent oder Frühburgunder schon in der Kelter zwischen Weinstadt-Endersbach und Strümpfelbach abgeliefert. Zum Ende der Woche wollen auch die meisten der privaten Weingüter im Rems-Murr-Kreis erste Leseaktionen starten. Und sie hoffen der Qualität wegen noch auf einige sonnige Tage im September mit möglichst kühlen Nächten.

So geht auch Felix Adelmann vom Weingut Graf Adelmann im Kreis Ludwigsburg vor. „Bislang haben wir nur frühe Sorten gelesen. Jetzt steht noch eine entscheidende Zeit im Weinberg an. Wir setzen auf volles Aroma und wollen in den nächsten Tagen und Wochen noch jeden Sonnenstrahl dafür nutzen“, sagt der Leiter des Weinguts. Voraussichtlich Ende nächster Woche will Adelmann in seinen Weinbergen bei Steinheim mit der Hauptlese beginnen.

Wie die anderen Wengerter ist auch er bisher zufrieden mit dem Weinjahr. Vorausgesetzt das Wetter macht noch mit. Das Schlimmste was passieren könnte, da sind sich die Weinbauern einig, wäre, wenn es jetzt nur noch regnen oder gar hageln würde.