Während des Mittelalters änderte der Mensch seine Ernährung grundsätzlich. Neue Handelswege spielten dabei eine Rolle. Was bei unseren Vorfahren auf den Tisch kam – ein Überblick. Dazu gibt es im Text auch ein Video.

Stuttgart - Während des Mittelalters änderte der Mensch seine Ernährung grundsätzlich. Neue Handelswege spielten dabei eine Rolle. Doch auch die Kirche hatte maßgeblichen Einfluss. Ein Überblick:

Wissenschaftliche Erkenntnisse: Woher weiß man eigentlich Näheres zur Ernährung im Frühmittelalter? Die Wissenschaft hat ihre Erkenntnisse übers Frühmittelalter vor allem über die sogenannte Latrinenforschung erlangt: In den Gruben hatten sich alle erdenklichen Ausscheidungen angesammelt, durch deren Hilfe sich nachweisen lässt, was die Menschen damals zu sich nahmen. Aus späterer Zeit gibt es auch schriftliche Zeugnisse: Literatur und auch Kochbücher. Das älteste (und vermutlich erste) deutsche Kochbuch ist „Das Buoch von guoter Spise“, auch „Würzburger Kochbuch“ genannt, das um 1350 erschien. Die 101 Rezepte in diesem Buch dienten zum Kochen von Festtagsmahlzeiten, etwa eines Kalbskopfs, der auf einem zweistöckigen Apfel-Fleischfladen platziert, mit Blumen aus Eiweiß bestreut und mit kleinen Küchlein dekoriert wird. Wie man Alltagsgerichte zubereitet, musste man nicht aufzeichnen, das wussten die Frauen ohnehin.

Frühes und spätes Mittelalter: Das Mittelalter umfasst mehrere Jahrhunderte, fast 1000 Jahre vom 6. bis zum 15. Jahrhundert. In diesem Zeitraum fanden zahlreiche Veränderungen und Entwicklungen statt – somit wandelte sich auch die Ernährung im Lauf der Zeit gewaltig. Zunächst waren die Menschen Selbstversorger und aßen, was es in ihrer Umgebung gab. Das häufigste Gericht war vermutlich ein mit Wasser zubereiteter, ungewürzter Haferbrei. Später kamen Grütze und Brot als wichtige Lebensmittel hinzu. Im Hoch- und Spätmittelalter erweiterte sich das Nahrungsangebot, unter anderem durch die Entdeckung neuer Konservierungsmöglichkeiten und den Ausbau der Infrastruktur, der neue Handelswege erschloss. Auch technische Errungenschaften, etwa Getreidemühlen oder Keltern, sowie der Übergang zur Dreifelderwirtschaft veränderten die Essgewohnheiten und verbesserten die Ernährung.

Alltag und Festtage: Wenn man ans Mittelalter denkt, fallen einem sogleich Rittermahle ein, sprich ausschweifende Gelage, bei denen üppig aufgetragen wurde, bei denen sich die Menschen aus mit allerlei Leckereien gefüllten Töpfen, Schüsseln und Platten den Ranzen vollstopften. Solche Festessen waren jedoch meist nur bei Hof üblich. Man darf allerdings auch nicht denken, dass die breite Bevölkerung nur darbte. Zu besonderen Festtagen, etwa zu Erntedank, schöpften auch sie aus dem Vollen. Das Essen war nun mal schon damals nicht nur reine Nahrungsaufnahme.

Kirchliche Speisegebote: Was die Menschen im Mittelalter aßen, wurde nicht nur vom Angebot und vom Einkommen bestimmt: Auch die Kirche machte strenge Vorgaben, einige davon haben sich bis heute gehalten. So gilt der Freitag bis heute als Fischtag. In der christlichen Tradition ist jeder Freitag ein Gedenktag an Karfreitag, den Todestag Jesu. Daher sollte an diesen Tagen gefastet werden, sprich unter anderem kein Fleisch gegessen werden. Es gab bis zu 130 Fastentage, womit ein Drittel des Jahres von der Kirche bestimmt wurde, was auf den Tisch kam. Besonders streng war es etwa vor Ostern, wo auch der Genuss von Milch, Käse und Eiern verboten war. Generell galt die Völlerei als Sünde, und alle Christen waren zur Mäßigung aufgerufen. Doch nicht nur Not, auch Verbot macht erfinderisch. Die Bevormundung spornte dazu an, die Gebote geschickt zu interpretieren. So wurde etwa der Biber kurzerhand zum Fisch erklärt, da er sich ja hauptsächlich im Wasser tummelt.

Tischsitten : Da fällt einem wohl gleich „Warum rülpset und furzet ihr nicht?“ ein, das gern Martin Luther zugesprochen wird. Doch der Spruch ist eher ironisch zu verstehen, als Anspielung auf schlechte Tischmanieren. Anders als gedacht, waren die Sitten im Hoch- und Spätmittelalter besser als gedacht. So waren unter anderem das Schnäuzen mit der Hand, das Zähnesäubern mit der Messerspitze und das Ablecken der Finger verboten. Im Prinzip wurden damals Benimmregeln aufgestellt, die noch heute gelten: Sprich nicht mit vollem Mund. Schmatz nicht. Stell die Ellbogen nicht auf.

Zwei Rezepte aus dem Mittelalter

Eierteigstäbchen

Zutaten:

2 Eier

¼ l Milch

500 g Mehl

Salz, Kümmel, Majoran, Kerbel, Safran

Salzwasser

Fett oder Schmalz zum Ausbacken

2 hartgekochte Eier

Pfeffer, Salz

gehackte Petersilie

Zubereitung:

Die Eier mit der Milch und dem Mehl zu einem festen Teig verkneten, salzen und mit den Gewürzen abschmecken. Mit Safran gelb färben. Den Teig zu einer Rolle formen, in ein Leinentuch einbinden und in dem kochenden Salzwasser gut 1 Stunde garziehen lassen. Aus dem Wasser nehmen, auskühlen lassen und mit einem immer wieder in heißes Wasser getauchten Messer in Streifen schneiden, die etwa so groß wie ein kleiner Finger sind. Im heißen Ausbackfett (oder Schmalz) schwimmend knusprig backen, herausnehmen, entfetten und mit den kleingehackten Eiern, grobgemahlenem Pfeffer, Salz und reichlich gehackter Petersilie überstreuen.

Liebes-Elixier

Nach des Königs Geschmack. England, 14. Jh.

Zutaten:

4 EL Rosenblütenblätter getrocknet, zerrieben

400ml Mandelmilch

1 TL Zimt

1 TL Ingwer

2 TL Reismehl

100g Datteln, frisch, gehackt

3 EL Pinienkerne

Zubereitung:

Man weicht die getrockneten Rosenblütenblätter 10 Minuten in der Mandelmilch ein. Zusammen mit Zimt und Ingwer wird die Mischung bei schwacher Hitze 5 Minuten gekocht. Das Reismehl wird mit etwas kaltem Wasser angerührt und mit den Datteln und den Pinienkernen in die Milch gegeben. Das Elixier wird in Schalen mit Rosenblüten garniert serviert.