Francesca Renda (links) und Vincenza Majella bei der Arbeit in der Kita. Foto: Stefan Klein

Der Internationale Bund (IB) hat für seine Kitas in der Region Stuttgart 20 Erzieherinnen aus Italien angeworben. Deren Eindrücke sind gut, die jungen Fachkräfte wollen dauerhaft bleiben. Davon will auch die Stadtverwaltung profitieren und plant eine Kooperation mit dem IB.

Stuttgart - Es herrscht Hochbetrieb in der Kindertagesstätte Heusteigzwerge. 66 Kinder vom zehn Monate alten Kleinkind bis hin zum Sechsjährigen werden hier betreut. An einem Tisch wird gebastelt und gemalt. Stolz präsentiert der Künstler-Nachwuchs den beiden Erzieherinnen am Tisch seine Werke. Von Berührungsängsten keine Spur. Dabei sind die beiden jungen Frauen erst seit vier Wochen hier – und sprechen auch noch kein perfektes Deutsch.

Francesca Renda und Vincenza Majella sind vor einem halben Jahr aus Sizilien nach Stuttgart gekommen. Gemeinsam mit 18 anderen Erzieherinnen, die der Internationale Bund (IB), ein großer Dienstleister aus der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit, in Süditalien für seine Kindertagesstätten angeworben hat. Sie sollen helfen, den Fachkräftemangel in Deutschland zu beheben. Nach dem fünfmonatigen Deutschkurs zu Beginn geht es jetzt in die Praxisphase.

Sprachkurse gehören auch dazu

„Die erste Woche in der Kita war eine Katastrophe“, sagt Francesca Renda in gutem Deutsch und lacht. „Wenn die Kollegen unter sich etwas gesagt haben, habe ich kein Wort verstanden.“ Das ändert sich jetzt nach und nach. Im August folgt als Abschluss des zehnmonatigen Programms ein zweiter Sprachkurs, danach muss das Regierungspräsidium die Fachkräfte anerkennen.

Dass sie dauerhaft in Baden-Württemberg bleiben wollen, steht für die meisten der 20 jungen Frauen bereits fest. „Stuttgart ist eine schöne Stadt. Die Arbeit gefällt mir, und ich kann neben einer neuen Sprache auch andere Pädagogikmethoden kennenlernen“, sagt Vincenza Majella. Alle 20 jungen Leute sind mit abgeschlossenem Studium nach Stuttgart gekommen, weil sie in ihrer Heimat keine Chance gesehen haben. „Die Leute arbeiten dort zum Teil 40, 50 Stunden in der Woche für monatlich 350 Euro und bekommen keine festen Verträge“, weiß IB-Programmgeschäftsführer Gerardo Cardiello. „In Italien habe ich keine Zukunft. Ich bleibe hier“, sagt Francesca Renda.

Das tun die meisten Fachkräfte, die der IB anwirbt. Rund 400 Pflegekräfte sind bisher nach Deutschland gekommen, nur 19 sind wieder zurück in die Heimat gegangen. Die 20 Erzieherinnen sind die erste IB-Gruppe aus dieser Branche. Und sie kommen auch bei der Chefin der Kita Heusteigzwerge gut an. „Wir machen nur positive Erfahrungen“, sagt Friederike Staiger. Die Deutschkenntnisse verbesserten sich täglich, und alle Sprachdefizite machten die Kolleginnen aus Italien mit großer Herzlichkeit wett.

Die Stadt Stuttgart hat im vergangenen Jahr acht Erzieherinnen aus Rumänien angeworben. Die Anerkennung durch das Regierungspräsidium ist nicht bei allen glattgegangen. In Zukunft könnten auch in den Betrieben der Landeshauptstadt vermehrt Italienerinnen zum Einsatz kommen – durch eine Kooperation mit dem IB. „Wir sind in intensiven Gesprächen“, sagt Cardiello. Jugendamtsleiter Bruno Pfeifle will noch nicht in Details gehen, bestätigt aber: „Wir sind auf einem guten Weg.“

Anwerbeaktionen in Süditalien angedacht

Denkbar sind künftig gemeinsame Anwerbeaktionen in Süditalien. „Es hat sich gezeigt, dass von dort die geeignetsten Leute kommen“, sagt FDP-Stadtrat Heinz Lübbe, der bei diesem Thema in engem Austausch mit dem IB steht. Aus seiner Sicht ist das zwingend nötig: „Wir können Kitas bauen, soviel wir wollen – wir stehen hilflos vor dem Problem, Personal zu bekommen.“ Die erste Runde für Erzieher und Erzieherinnen hat der IB in Neapel gemacht. Für die 20 Plätze, die zu vergeben waren, haben sich rund 1000 Bewerber gemeldet. Es dürften in Zukunft also genug Kandidaten für alle beteiligten Partner vorhanden sein.

Auch anderswo strömen die Bewerber aus dem Ausland immer zahlreicher. Derzeit kommen die Regierungspräsidien mit der Abarbeitung der Anerkennungsanträge kaum hinterher. Cardiello rechnet mit einer Bearbeitungszeit zwischen einem und drei Monaten.

Und er wirbt um gegenseitiges Verständnis, um die Angeworbenen auch langfristig zu behalten: „Das ist ein Mosaiksteinchen, um die dringend benötigten Fachkräfte zu finden. Der Arbeitgeber muss aber auch bereit sein, Brücken zu bauen.“ Lübbe stimmt zu: „Ich kann die Leute nur als Langzeitkräfte halten, wenn ich mich intensiv um sie kümmere.“ Beim IB funktioniert das auch durch die Betreuung durch deutsche Tutoren für jede einzelne Fachkraft.

Bei den Heusteigzwergen ist man bereit, die geforderten Brücken zu bauen. „Auch die Eltern erkennen, dass das Projekt auf die Zukunft ausgelegt ist“, sagt Friederike Staiger. Bei mehreren Elternabenden habe es bereits sehr positive Rückmeldungen gegeben. Und mit den Kindern verstehen sich die jungen Italienerinnen ohnehin glänzend – auch ohne große Worte.