Nicht nur Tanken wird billiger. Auch Nahrungsmittel kosteten im Januar 1,3 Prozent weniger als Anfang 2014. Foto: dpa

Der freie Fall der Energiepreise hat die Inflation im Januar ins Minus gedrückt: Erstmals seit 2009 sinken die Verbraucherpreise auf Jahressicht wieder.

Wiesbaden - Verbraucher in Deutschland können so günstig tanken und heizen wie lange nicht. Wegen der abstürzenden Energiekosten sind auch die Verbraucherpreise insgesamt im Januar gesunken - erstmals seit der schweren Wirtschaftskrise 2009: Die jährliche Inflationsrate betrug minus 0,3 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in einer ersten Schätzung in Wiesbaden berichtete. Volkswirte hatten einen Preisrückgang von nur 0,1 Prozent erwartet.

Zuletzt war die jährliche Teuerungsrate im September 2009 mit minus 0,2 Prozent negativ gewesen, schneller als im Januar waren die Preise letztmals im Juli 2009 mit minus 0,5 Prozent gesunken. Allerdings war die deutsche Wirtschaft seinerzeit eingebrochen, während sie aktuell recht gut dasteht. Erst in dieser Woche hatte die Bundesregierung ihre Wachstumsprognose für 2015 von 1,3 auf 1,5 Prozent nach oben korrigiert - auch, weil die günstige Energie wie ein Konjunkturprogramm für Verbraucher und Unternehmen wirkt.

Gegenüber dem Vormonat Dezember sanken die Verbraucherpreise nach den Angaben voraussichtlich um 1,0 Prozent. Dies erklärten Statistiker auch mit dem Ende der Weihnachtsferien: Pauschalreisen seien im Januar fast ein Fünftel billiger gewesen als im Dezember.

Auf Jahressicht ist der Preisrückgang im Januar insbesondere darauf zurückzuführen, dass Verbraucher für Haushaltsenergie und Kraftstoffe neun Prozent weniger bezahlen mussten als vor einem Jahr. „Mehr und mehr werden die niedrigeren Preise für Rohöl, die sich seit Mitte 2014 mehr als halbiert haben, an die Verbraucher weitergegeben“, erklärte Commerzbank-Ökonom Marco Wagner.

Auch Nahrungsmittel kosteten weniger

Aber auch Nahrungsmittel kosteten im Januar 1,3 Prozent weniger als Anfang 2014. Während die bundesweiten Detailzahlen noch nicht vorliegen, deuten etwa Daten aus Hessen darauf hin, dass Verbraucher zudem für langlebige Gebrauchsgüter wie Fernseher oder Laptops weniger bezahlen mussten als vor einem Jahr.

Hingegen verteuerten sich Dienstleistungen um 1,2 Prozent. Dabei stiegen Nettokaltmieten auf Jahressicht um 1,3 Prozent. „Der Rückgang der Inflation kann nahezu vollständig auf die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrung zurückgeführt werden - dadurch sparen die privaten Haushalte Geld. Das sollte den Konsum zusätzlich befeuern“, sagte Christian Schulz vom Bankhaus Berenberg.

Ohne Berücksichtigung von Nahrungsmitteln und Energie hätten die Verbraucherpreise im Januar um 1,1 Prozent höher als im Vorjahresmonat gelegen. Experten erwarten, dass die Preise noch einige Monate lang fallen und dann allmählich wieder steigen werden. „In Deutschland sollte die anziehende Konjunktur dazu führen, dass die Inflationsrate trotz des dämpfenden Ölpreiseffektes im Sommerhalbjahr wieder den positiven Bereich erreicht“, sagte Stefan Kipar von der BayernLB. Eine Deflation, also eine gefährliche Spirale aus fallenden Preisen auf breiter Front und sinkenden Investitionen, sehen die meisten Experten nicht.

Im Euroraum waren die Preise bereits im Dezember 2014 erstmals seit 2009 wieder gesunken. Die jährliche Inflationsrate betrug minus 0,2 Prozent. Im Januar dürften die Preise noch schneller gefallen sein. Denn der für europäische Zwecke harmonisierten Preisindex (HVPI) ging im Januar in Deutschland sogar um 0,5 Prozent zurück. „Wegen der schwachen Preisdaten aus Deutschland rechnen wir für den Euroraum mit einer Inflationsrate von minus 0,6 Prozent“, sagte Wagner.

Die Europäische Zentralbank strebt eine Rate von knapp unter 2 Prozent an, bei der sie Preisstabilität gewahrt sieht. Dieses Ziel verfehlt sie seit Anfang 2013. Auch in den nächsten beiden Jahren dürfte die Inflationsrate unter diesem Ziel bleiben. Zuletzt hatte die EZB in ihrer Dezember-Prognose für 2015 eine Teuerung von 0,7 Prozent und für 2016 von 1,3 Prozent vorhergesagt. Seither sind die Ölpreise aber weiter in den Keller gerutscht. Vor diesem Hintergrund hatte die EZB in der vorigen Woche eine Billionen-Geldflut beschlossen. Das soll die Wirtschaft ankurbeln und die Preissteigerungen wieder in die Höhe treiben.