Der französische Schriftsteller Michel Houellebecq hat in Köln seinen Roman "Unterwerfung" verteidigt. Foto: dpa

Zwei Wochen nach dem Terror von Paris ist der Starautor Michel Houellebecq in Köln erstmals wieder aufgetreten. Und verteidigte sein Buch und die Freiheit der Kunst.

Köln - Der französische Schriftsteller Michel Houellebecq (56) hat bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach den Terroranschlägen von Paris in Köln seinen Roman verteidigt. Seit dem Erscheinen von „Unterwerfung“ vor zwei Wochen und dem Attentat auf die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ müsse er zwei Dinge in einer Endlosschleife erklären, sagte Houellebecq: „Erstens, dass mein Buch kein islamfeindliches Buch ist, und zweitens, dass man das Recht dazu hat, ein solches Buch zu schreiben.“

Sein Roman spielt im Jahr 2022 in Frankreich. Der Autor kritisiert darin sowohl die Demokratiemüdigkeit, den Egoismus und den Opportunismus des Establishments als auch die Islamisten, die in diese Lücke stoßen.

Nach den Terroranschlägen hätten ihm die Demonstrationen Eines klar gezeigt, sagte Houellebecq in Köln: „Dass die Franzosen sich etwas ganz Einfaches wünschen - und zwar Meinungsfreiheit.“ Auf die Frage, ob er mit seinem Buch dem rechtsextremen Front National von Marine Le Pen nütze, sagte er: „Erst einmal ist mir das egal. Und es hat noch nie jemand seine politische Meinung geändert, weil er ein Buch gelesen hat.“

Der Roman schildert, wie bei der französischen Präsidentschaftswahl 2022 Le Pen im ersten Durchgang gewinnt. Um ihren Sieg bei der Stichwahl zu verhindern, unterstützen Sozialisten und Konservative einen gemäßigten muslimischen Kandidaten, der dann auch tatsächlich an die Macht kommt. Das Buch war 7. Januar in Frankreich auf den Markt gekommen. Am selben Tag hatten zwei islamistische Attentäter in der Redaktion von „Charlie Hebdo“ in Paris zwölf Menschen ermordet. Das Satireblatt hatte eine Karikatur über den Autor auf der Titelseite. Außerdem ermordete ein weiterer Attentäter vier Juden in einem koscheren Supermarkt. Houellebecq hatte sich daraufhin aus der Öffentlichkeit zurückgezogen - in Köln trat er zum ersten Mal wieder auf.

Der Auftritt verlief völlig ruhig

Die Polizei hatte nach eigener Aussage für „angemessene Sicherheitsvorkehrungen“ gesorgt, ohne Einzelheiten zu nennen. Es habe keine Probleme gegeben, hieß es am Dienstag.

Im Publikum waren Befürchtungen dennoch zu hören. „Ich habe die Karten von einer Freundin bekommen, der es zu gefährlich war, hier zu sein“, sagte eine Zuhörerin aus der Nähe von Köln. „Kurz darüber nachgedacht habe ich schon, ob ich kommen sollte“, meinte ein Houellebecq-Fan, „aber dann überwog die Neugier.“ Das „Depot 1“ des Kölner Schauspiels war jedenfalls mit 600 Zuschauern voll besetzt.

Der Auftritt selbst verlief völlig ruhig. Keine schrillen Töne, keine Provokationen. Nach dem Vorlesen einiger Passagen aus dem Buch befragte Nils Minkmar von der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ den Autor. Houellebecq antwortete nachdenklich, oft zögerlich.

Und er gab auch einen Einblick in seine Art zu recherchieren: „Man sollte den Menschen nicht widersprechen, man sollte sie ausreden lassen, denn ansonsten werden sie nichts mehr sagen. Nur so bringt man sie dazu, von ihrem Leben zu erzählen.“ Die deutsche Auflage des Romans steigt auf 270 000. Die ersten 100 000 Exemplare waren erst vor einer Woche in den Handel gekommen, die nächsten 50 000 werden gerade ausgeliefert. Eine dritte und vierte mit insgesamt weiteren 120 000 Büchern seien veranlasst worden, teilte der DuMont Buchverlag am Dienstag mit.