Die Kanzlerin hat sich bisher nicht zu den Sondierungen geäußert. Nun ergreift sie das Wort. Foto: dpa

Die Jamaika-Partner haben die erste Phase der Sondierung abgeschlossen. Es wird zwar viel diskutiert, aber Lösungen sind Mangelware. Die Kanzlerin will in der nächsten Woche die Kurve kriegen – und ihre Partner ziehen mit.

Berlin - Halbzeit ist bei der Jamaika-Sondierung, und das hat die Kanzlerin genutzt, um nun erstmals Position zu beziehen. Es ist kurz nach 12 Uhr mittags am Freitag, der Himmel in Berlin ist verhangen und zufrieden ist zu diesem Zeitpunkt niemand mehr mit den bisherigen Fortschritten in dem Prozess, an dessen Ende eine neue schwarz-gelb-grüne Regierung für dieses Land stehen soll. Schwierig würden die Beratungen bleiben, prognostiziert Angela Merkel im Blick auf die nächsten Wochen. „Aber ich glaube nach wie vor, dass wir die Enden zusammenbinden können, wenn wir uns mühen und anstrengen.“

Den Unterhändlern bleibt nicht mehr viel Zeit

Auf Mühen und Anstrengungen, das machten die Spitzenvertreter der drei anderen Parteien wenig später deutlich, stellen sie sich jetzt ein. Viel Zeit ist nicht mehr bis Mitte November, wenn die Sondierung beendet sein soll. Merkel hat sich in den zehn vergangenen Tagen nie geäußert. Dass sie jetzt ihr Schweigen bricht, soll ein Fingerzeig sein. Nachdem fast alle Jamaika-Streitfragen ungelöst sind, ist die Stimmung bei den Verhandlungspartnern auf dem Tiefpunkt. Vor allem die FDP hat zuletzt bis hinauf zu ihrem Parteichef Christian Lindner Zweifel demonstriert, ob die Gespräche zum Erfolg führen können. Auch bei den Grünen gab es Irritationen über die harschen öffentlichen Äußerungen von CSU und FDP gegenüber ihren Zielen. „In vier Bereichen hat man es nicht mal geschafft, sich darauf zu verständigen, worüber man sich nicht einig ist“, giftete deshalb Jürgen Trittin. Merkel signalisierte nun, dass sie sich davon nicht beirren lässt und verbreitete Zuversicht.

Wenn das gelingen soll, müssen die Unterhändler ergebnisorientierter arbeiten. In den vergangenen zwei Wochen haben CDU, CSU, FDP und Grüne zwölf Themenblöcke durchgearbeitet – von der Zuwanderung, der Klimapolitik bis zu den Finanzen. Gemeinsame Konzepte sind aber Mangelware. Zu Beginn sei es vor allem darum gegangen, die unterschiedlichen Standpunkte zu diskutieren. „So kann es in der nächsten Wochen nicht weitergehen“, sagt ein Unterhändler.

In den nächsten Tagen soll es konkret werden

In den nächsten Tagen soll es konkret werden. „Wir haben zu viele Baustellen aufgerissen. Dann kommt man bei keiner einzigen mehr voran“, sagt ein anderer. Einer, der an den Gesprächen teilnimmt, formuliert die Anforderungen so: Aus den zwölf Themenblöcken sollen die zwei, drei wichtigsten Punkte herausgefiltert und Kompromisse gesucht werden. Worauf sich die Runde einigt, soll dann Eingang in das Abschlusspapier zur Sondierung finden. Dies soll dann den Parteigremien der Jamaika-Partner vorgelegt werden.

Darüber herrscht jetzt Konsens. Trotz „riesengroßer Differenzen“ und obwohl er sich keine Erfolgsprognose zutrauen mag, hält auch Alexander Dobrindt (CSU) es wie die Kanzlerin für möglich, „die Enden“ zusammenzubringen. Cem Özdemir (Grüne) will ab jetzt „die Themen verdichten und Antworten für die absoluten Kernfragen finden“. Bisher hätten die Gespräche nur dazu gedient, Themen und unterschiedliche Bewertungen zu sammeln, betonte Christian Lindner. „In der zweiten Phase geht es darum, Brücken zu bauen und Gemeinsamkeiten zu suchen.“ Dass das nicht in der großen Sondierungsrunde passieren kann, sondern in der „Chefrunde“ mit Merkel, Seehofer, Lindner, Özdemir und Göring-Eckardt, scheint auch Konsens zu sein.

Immerhin teilen alle Verhandlungspartner eine Einschätzung: Wenn es zu Koalitionsverhandlungen kommt, sei davon auszugehen, dass Jamaika auch zustande kommt. Doch so weit ist es noch nicht. Besonders weit liegen die Parteien in der Klima-, Verkehrs- und Zuwanderungspolitik auseinander. Die größten Streitfragen bei Finanzen, Zuwanderung und Klimaschutz sollen in einer Nachtsitzung am 16. November gelöst werden.